No Empathy Club

NO EMPATHY CLUB

All the old blue-blooded ladies
pointing their thin bony fingers at you

Ladder climbers
striving for fame and fortune
with elbows outstretched

The self-proclaimed songwriters
who’ll criticize anything just to find a line

The Wall Street slicks
dressed up to the nines
who mock the guy selling homeless newspapers

All the guys who hate their jobs
their wives
or both

Anyone with no job
who hasn’t tasted a woman in four years

And all the other trash
that doesn’t know any better

It’s a club, buddy
THE NO EMPATHY CLUB
Its men are all around you
and they’ll never let you run

All the vomit
the blood
the sperm
the chewing gum and shards of glass
that decorate the asphalt

No-one spares a second thought
for cleaning up these streets –
or keeping them clean

All of this plastic shit
tells the story
of what was
and what is

But don’t let this be the future
man

It’s a club, buddy
THE NO EMPATHY CLUB
Its men are all around you
and they’ll never let you run

HESH

DER NULL-EMPATHIE KLUB

All die alten blaublütigen Schachteln –
ihre knöchernen Finger zeigen auf dich
Aufsteiger und Karrieristen recken ihre Ellenbögen –
streben nach Reichtum, Ruhm und Macht
Selbsternannte Songschreiber kritisieren alles und jeden –
nur um überhaupt etwas zu schreiben
Die Wall Street Lackaffen
adrett bis zu blitzender Manschette –
verspotten den Mann mit seinen Obdachlosenzeitungen
All die Typen die ihre Jobs hassen –
oder ihre Frauen –
oder beides
Jemand ohne irgend etwas zu tun –
der schon seit Jahren keine Frau mehr geschmeckt hat
Und all der andere Abschaum –
der’s einfach nicht besser weiß

Es ist ein Klub, Kumpel
der Null-Empathie Klub
All diese Männer um dich herum
die dich am Haken haben
Es ist ein Klub, Kumpel
der Null-Empathie Klub
All diese Männer um dich herum
die dich niemals mehr vom Haken lassen

All die Kotze
das Blut
das Sperma
Kaugummi und Glasscherben –
sinnlose Spuren auf dem Asphalt
Keiner verschwendet einen Gedanken daran
diesen Straßen den Dreck abzuwaschen –
sie wieder sauber zu halten
All die Plastikscheiße
erzählt die ewige Geschichte –
von dem
was war
und wie es steht
Aber, lass das nicht die Zukunft sein, Mann!
Aber, lass das nicht unsere Zukunft sein, Mann!

Es ist ein Klub, Kumpel
der Null-Empathie Klub
All diese Männer um dich herum
die dich am Haken haben
Es ist ein Klub, Kumpel
der Null-Empathie Klub
All diese Männer um dich herum
die werden dich niemals mehr vom Haken lassen

HESH

Listen to No Empathy Club

Lonely Lee

LONELY LEE

Let go all your hopes
if you want to
just don’t get too desperate
Lonely Lee
take the F-train to Far Rockaway
and walk through the colored streets
in the Mexican quarter on Junction Boulevard

Forget all your hopes for a moment
if you want to
the dreams and the shadows
no need to lose faith
Lonely Lee
why don’t you take the train to Far Rockaway
and get a red candle for your place
man

Don’t cling to false hopes
those
that make you fall into despair
Lonely Lee
Take the F-train back downtown
why can’t you glimpse the beautiful girl next to you
watch –
she tries to hide even more than you do

You grumble
not that easy
I awake unknown hopes in you
all the good advice felt like lard in a grease trap
You say
that train has passed
OK
but one thing’s for sure
Lonely Lee
time alone won’t ease your pain

HESH

LONELY LEE

Gib die Hoffnung auf
wenns sein muss –
aber zieh dich nicht zu weit runter
Lonely Lee
Nimm den F-Train nach Far Rockaway
Lauf durch die bunten Strassen
im Mexikaner-Viertel am Junction Boulevard

Vergiss deine Hoffnungen für den Moment
wenn’s sein muss
Deine Träume und Illusionen –
Kein Grund den Gripp zu verlieren
Lonely Lee
Warum nimmst du nicht den F-Train nach Far Rockaway
Kauf dir ne rote Kerze mit der Lady of Guadalupe drauf..

Häng dich nicht an die falschen Hoffnungen,
die machen dich irre,
Lonely Lee
Nimm den F-Train zurück in die City
Warum ignorierst du die hübsche Lady neben dir?
Sie tuht, als würde Sie nicht deine Augen suchen
Und das sogar noch mehr als du..

Du knurrst –
Das wär alles nicht so einfach
Ich würde falsche Hoffnungen wecken
All die guten Ratschläge fühlten sich an wie Fleischreste in ‘nem Fettabscheider
Du sagst –
Der Zug wär abgefahren
OK
Aber eins ist sicher
Lonely Lee –
Die Zeit allein
wird deine Wunden nicht heilen

HESH

Listen to Lonely Lee

Studio B – HESH on Judith Herrmann

 

HESH rezensiert Aller Liebe Anfang von Judith Hermann.

 

Dieses Buch hat Sound. Diese gerade einmal 130 Seiten von Frau Hermann. Ganz anders als die Geschichten, in denen Hesh mal eben easy andockt. Reduziert bis auf die Knochen. Kein Steak, keine Lusttropfen. Nicht mal New York City, oder wenigstens Helsinki …

Alles kein Problem, wenn wie hier zu erleben, die Sprache zu Farbe wird. Rostrot, Moosgrün …, Aubergine? Hesh ist bezaubert, aber er hat keinen Schimmer wovon eigentlich, denn er ist farbenblind. Sein Boss kann das aus leidvoller Erfahrung heraus bestätigen …
Textilbranche.
Verkauf.

Schluss damit, hier geht’s um den ersten Roman von Judith Hermann, einer in Deutschland für ihre erfolgreichen Kurzgeschichtenbände von der Literaturkritik hochgelobten, sowie auch genüsslich in der Luft zerfetzten Schriftstellerin.
Beide Extreme gereichen zur Ehre, ignoriert zu werden ist die wahre Hölle.
Frau Hermann hatte mich nach drei Seiten am Haken. Klarheit und Effizienz. Manche haben das einfach, andere müssen darum ringen, wenn sie es so haben wollen. Wie auch immer – das Ergebnis zählt. Und das fühlt sich hier nach harter Arbeit an. Überwacht wird da, ausgesiebt, und wieder und wieder: Weggelassen. Leichtigkeit muss niemand suchen, auf der Habenseite winkt eine Komplexität, welche ohne Verschwurbelung oder selbstverliebter Bilder auskommt. Was übrig bleibt – ist der Beitrag von Judith Hermann, in Zusammenarbeit mit ihrer Protagonistin und zentralen Figur des Romans Stella, zum Thema: Was soll das alles hier?

Dieses Leben.
Mein Leben …, was sich irgendwie nicht wie das richtige anfühlt. Wie komm ich da raus, und/oder, in ein anderes Leben? Aber welches? Und wie soll das gehen? Unhappy sein. Unerfüllt. Und das, auch noch scheinbar ohne jeden Grund, was ein noch mieseres Gefühl zur Folge hat.

Also, muss ein Grund her. Der Grund – heißt Mr. Pfister. Mit dessen Performance wird das Buch eigentlich beworben. Ein psychisch labiler, sehr einsamer Mann, welcher Stella über Wochen belagert. Es wird der Versuch einer Kontaktaufnahme unternommen, was Stella entschieden ablehnt. Danach klingelt der Typ jeden Tag an ihrer Tür, verfluchter Weise immer dann, wenn sie allein zu Hause ist, und bombardiert ihren Briefkasten mit wirren Nachrichten aller Art, wie z.B. Briefen, Kassetten, Videos usw. Gegen Ende dreht der Mann mehr und mehr durch und schreckt nun auch vor Vandalismus und Gewalt nicht zurück. Das Buch erzählt die Geschichte dieser Zuspitzung.

Tut es das? Ein Roman zum Thema Stalking? Ja, unter anderem. Oberflächlich betrachtet, erscheint die ganze Resthandlung wie bloßes Füllwerk: Stella hat ihren Mann im Flugzeug kennengelernt. Einige Seiten weiter gibt es ein Leben in einer Siedlung, in einem Haus. Stella’s Mann Jason ist beruflich viel – oder besser fast immer – unterwegs, daher wird das Leben in diesem Haus hauptsächlich von Stella und ihrer Tochter Ava gelebt, und, zumindest was Stella betrifft, eher irgendwie ausgehalten.
Stella arbeitet in einer Art Altenpflege, wo Sie an manchen Tagen pro Schicht immer nur eine Person bzw. ein altes Ehepaar versorgt. Und diese alten Menschen, die halten Stella gegenüber nicht gerade hinter’m Berg, aber dazu später.
Achso, manchmal ist Jason kurz zu Hause.

Was noch? Genau: Über allem schwebt der Stalker Mr. Pfister, der in einem verfallenen Haus in der selben Siedlung wohnt.

Muss Frau Hermann nicht eigentlich froh sein, dass ihr der Herr Pfister eingefallen, oder vielleicht einer ihrer Bekannten oder Freundinnen irgendwann einmal zugestoßen ist? Weil sonst alles zu dröge wäre? Nein. Stalking ist für Betroffene, und das sind in den meisten Fällen Frauen, der helle Wahnsinn.
Das Buch vermittelt Stella’s Hilflosigkeit in dieser gräßlichen Situation sehr deutlich. Wie Säure in den Eingeweiden.

Wie komme ich dazu zu denken, dass es konsequenter gewesen wäre, diesem Stalker ein eigenes Buch zu widmen, eine in sich abgeschlossene Geschichte vielleicht, und hier besser Stella’s Geschichte etwas ausführlicher zu erzählen? Mit “ausführlich” ist mitnichten die Anzahl von Adjektiven gemeint, dieser knappe, oft auf jegliche Satzzeichen verzichtende Stil kommt manchmal zwar vielleicht etwas kontrolliert daher, aber, und das an dieser Stelle nicht gönnerhaft, sondern aufrichtig bewundernd gemeint – es liest sich grandios.

Mich hat jedenfalls weniger die offensichtliche Tragödie im Magen erwischt, als vielmehr zentral dieses Lebens-un-gefühl, auf welchem Stella das ganze Buch hindurch herumkaut. Ohne sich das ausgesucht zu haben, oder sich etwas darauf einzubilden. Wie sportlich Sie es auch immer nimmt, die inneren Fragen sind mit sich allein, Antworten gibt es keine, wie auch, der Blickwinkel bleibt sich die meiste Zeit über so gottverdammt treu.

Mit der Figur der Stella macht Judith Hermann der von der Externalisierungsgesellschaft geprägten Literatur des Nordwestens nichts weniger als ein exemplarisches Geschenk. 2014. Es ist Zeit für Geschichten wie diese, im Dunkel privater Existenzen mäandern sie schließlich schon seit Ewigkeiten.

Einige der Frauen, die ich in meinem Leben liebte, oder besser, an deren Seite ich mich abstrampelte Sie zu lieben, das waren Stellas.

Es wird die Geschichte einer Frau stellvertretend für viele andere erzählt, nicht im Duktus eines: Beziehungs-, Koch-, Kindererziehungs- und/oder Karriere- respektive Belastbarkeitsratgebers, auch nicht mit Erlebnisberichten von der Mutter-Kind-Kur auf Rügen für die beste Freundin am Smartphone, mit der Frau mal Soziologie studiert hat, so in der Art von:
“Oh, mein Gott, Greta, das ist ja großartig, er ist Arzt?”
‘Was der wohl so im Monat …’ “Äh, Wow! Und, er nimmt auch deine Kleene an, und was? Er will mit dir nach Barcelona ziehen? Der Wahnsinn!!!”

Nein, hier kommt etwas anderes ‘rum, und da stecke ick mir allen Zynismus sonst wohin: Einige Frauen werden sich nach dem Lesen dieses Buches vielleicht etwas weniger allein, weniger kaputt, und zumindest vor sich selbst etwas mehr verstandener fühlen.

Aller Liebe Anfang, you know?

Sich kurz entspannen, neue Kraft tanken zu können, zum Verkraften der harten Tatsache, dass das Leben bis zum Ende ein beschwerlicher Batzen aus Problemen bleiben wird – außer du kraxelst rotzfrech oben ‘rauf, sagst -”Fuck you, Batzen!” -, geniesst für’n kurzen Moment die Aussicht und lässt dich vielleicht mal kurz fallen, aber Vorsicht, nicht einfach nur herab, ins nächste Tal.

Wer schafft das denn?
Du?
Nö.

Anyway, das Buch platzt vor sanft und behutsam erzählten, aber dafür umso stärkeren Bildern:

Jason sagt nichts, und Stella schweigt ein wenig und sagt dann, ich möchte vielleicht gerne im Center an der Kasse sitzen. Ich möchte Kaffee und Croissants verkaufen in diesem kleinen Stand da in der Mitte der Halle. Ich möchte eine Saison lang Erdbeeren pflücken. Eine Ausbildung zur Floristin machen. In der Buchhandlung aushelfen. Im Büro rumsitzen, so wie Paloma. Ich möchte vielleicht Paloma sein?
Stella fällt ein, das es riskant sein könnte, mit Jason über Ideen von einem anderen Leben zu sprechen, einem anderen Beruf. Was soll er dazu sagen? Aber er lacht jetzt, leise, und sagt,
dann mach es doch einfach.
Nicht Paloma sein, aber alles andere – warum machst du’s nicht einfach.
Weil es nicht einfach ist, sagt Stella.
Für mich jedenfalls ist es nicht einfach. Nichts kommt mir einfach vor auf dieser Welt,
außer vielleicht, für Ava das Abendbrot zuzubereiten oder die Betten neu zu beziehen oder das Geschirr ordentlich abzuwaschen.
Jason nickt.”

Oder, da gibt es diese alte Dame, welche von Stella gepflegt wird, eine nach wie vor kampfeslustige mondäne Zwicke namens Esther, und was die vom Stapel lässt, ist nun wirklich unerlässlich für die Gewährleistung einer ausreichenden Sauerstoffzufuhr während der Lektüre des Buches:

Esther: Das ist hier eine tote Ecke. Eine tote Ecke der Welt.
Ich weiß gar nicht mehr was mich hierher verschlagen hat, wie in Hergottsnamen ich mal hierhergekommen bin.

Etwas weiter heisst es:

Stella gießt die beiden Gläser voll. Randvoll, sagt Esther, zögern Sie nicht. Zögern Sie nie! Das ganze Leben ist ein Abgrund, und je weniger Sie sich fürchten, je länger Sie hineinschauen, desto mehr haben Sie davon.

Schließlich das ältere Ehepaar, ebenfalls von Stella gepflegt – Julia und Dermot. Und Dermot, hat auch noch so einiges zu sagen …

Man muss, glaube ich, immer ein Arrangement versuchen, sagt Dermot. Er sagt es, als hätte er schon eine Weile darüber nachgedacht. Zwischen Anteilnahme und Gleichgültigkeit eine Mitte finden. Die Gleichgültigkeit ist sehr wichtig. Ich meine nicht Kälte, ich meine eher Gelassenheit. Vielleicht sollten Sie sich das nicht zu Herzen nehmen? All das geht auch vorüber, so viel kann ich ihnen sagen.

All diese wundervollen Figuren im Buch: Esther und Dermot, bisweilen auch Ava und Jason, und erst recht die beste Freundin Clara …, die machen manchmal Lust auf mehr, ich sag mal, auf – mehr Unvorhersehbares …

Was solls, Frau Hermann merzt in diesem Buch nun einmal alles weg, was nicht absolut zwingend sein muss.
Gut.
Muss ich durch, is nich’ meine Party.
Aber, nur mal so zur Erfrischung, hier ein klitzekleiner Sch(t)uss vor den Bug von Frau Hermann.
Charles Willford hätte ihr zu gebrummt -”Du bist verdammt gut, du mandeläugige Germanin, aber wenn du willst das deine Figuren dich, UND AUCH DIE LESER-INNEN (YARH!!!) hin und wieder überraschen, dann lass Sie doch mal’n Stückchen mehr vom Haken …!”
HMPF.

Spaß beiseite – Stella wird gestalkt.
Das verstört ihre ohnehin zarte Seele, sie fühlt sich, und das zu Recht, übel bedroht.

(Das liest sich zynisch? Isses nich’, bitte check mal deine SMS Missverständnisse mit diversen Sexualpartner-innen aus dem letzten Halbjahr …)

Stella’s innere Panik jedoch, die war schon vorher da. Nun ist sie gar nicht mehr auszuhalten. Im Buch wird es ausführlich beschrieben – eine gewisse Unordnung, das kleine Chaos all der Dinge für die manchmal kein Mensch mehr den Nerv hat, die nun jetzt auch noch aufzuräumen, all die Spuren des Lebens von Stella und Ava, die Anwesenheit der beiden im Haus. Sowie auch – die oft als schmerzlich empfundene Abwesenheit von Jason.

Worauf hingegen fast komplett verzichtet wurde, das sind Personenbeschreibungen. Hey, du bist frei, darfst dir was vorstellen, und aus all den genauestens beschriebenen Bildern, wie es z.B. um die Atmosphäre in diesem Haus so bestellt ist, so einiges über Stella’s inneren Zustand herauslesen.
Aber das, das geht leider nicht, weil, hmm, das steht immer schon da. Denn das Innere wird permanent und tatsächlich erschöpfend von dem Gespann Stella alias Judith hardcore-reflektiert, und lichtgeschwindigkeitsmäßig abgedruckt. Dafür ist dann doch erstaunlich viel Platz in dem kleinen Buch.

Ich meine mit diesem Gestichel, dass das manchmal nervt! Oder vornehm weiblich: Es ist anstrengend.

Na und?
Es geht ja wohl auch zu Herzen, oder nicht?
Touché.
Stella hat 24 Stunden am Tag das zweite, das innere Rechenprogramm laufen, bei allem was sie sonst noch reißt. Es rattert dermaßen in ihrer Rübe, das sie wohl selbst im tiefsten Winter keine dieser so schillernd roten Baskenmützen nötig hätte. Mit vielen ihrer Gedanken wird sie trotzdem ganz und gar nicht warm.

Wer das Buch liest, der weiß Bescheid. Stella’s Umgebung tappt hingegen oft im Dunkeln. In der Kunst mag es so sein, dass ein nicht ausgesprochener Satz quasi nie existiert hat, in der Kunst das Leben zu meistern, kommst du an den eigenen Empfindungen nicht vorbei, ohne nicht auch dich selbst und damit deine Umgebung zu beeinflussen. Völlige Passivität im verbalen Austausch führt nicht wirklich zu Veränderungen, eine Weisheit, die sich meist die Herren der Schöpfung anhören dürfen. Was solls, manchmal liebt sich ein Paar, obwohl beide nicht viel reden. Probleme gibt es trotzdem.

Also öffnet sich Stella im Verlauf der Geschichte. Am Anfang des Buches spricht Sie nur mit ihrer Freundin Clara so vertraut, wie man es sich manchmal auch im Umgang mit ihrem Mann wünscht. Sie befürchtet, bei ihm kämen allzu klare Innenansichten vielleicht nicht an, oder schlimmer noch, er könnte denken, sie hätte einen Treffer. Was ja auch stimmt, aber wer hat den heute nicht?

Überhaupt. Paare. Sollten die einander nicht gut kennen?
Ich-Du-Er-Sie-Es- hat darauf ein Recht, sprach der Specht. Oder doch nicht so einfach? Wen du liebst, den machst du nicht einfach zum seelischen Mülleimer?

Guter Gedanke…

… und Stella’s unglaubliche Stärke. Wie destruktiv sie mit sich selbst auch ins Gericht geht, sie widersteht dem Impuls, unreflektierte Gedanken gegenüber ihrer Umwelt einfach herauszuschleudern. Insofern ist sie wohl eher Stella Stellar (Baureihe 2.0), während ich mich zeitlebens mit dem Vorgängermodell herumstritt …

Egal, ich war beim reflektieren, besser dabei, Stella zu reflektieren… Quatsch, das schafft kein Mann. Beschreiben, das geht.

Stella macht nicht allein vor eventuell problematischen Themen halt, auch sehr schöne Empfindungen behält Sie im Zweifel für sich. So sagt sie ihrem Mann nicht, welche Gesten sie an ihm liebt, aus Furcht, er könne sich ihrer dann allzu bewusst werden, und darüber seine Natürlichkeit verlieren …

Auch: Wie seziert in Stella’s Kopf manchmal die Handlungen, Gedanken und Kommentare ihrer Tochter widerhallen, ist an verstörendem Realitätsinn nicht zu überbieten. Bei aller Liebe Ava gegenüber, ist da oft eine verstörende Distanz.

Mutter sein.

Das wirst du, wenn du einen Mann hast, es ein Heim gibt, du dich nicht prinzipiell gegen Kinder entschieden hast, und, ganz wichtig, wenn der Typ manchmal übers Wochenende auch zu Hause ist. Zumindest einmal…

Und dann, nach der Kindbett-Depri-Woche, was kommt dann?
Frau, also Mensch, bist du zwar von Geburt an, mit der Suche nach deinem Platz im Leben manchmal jedoch noch lange nicht durch …
Aber wen interessiert das noch, wenn das Baby im Nebenzimmer anfängt zu schreien, und nur du im Haus bist?

Es tut weh zu lesen, wie Stella bisweilen abschmiert innerlich, an der unverwundeten Härte der Tochter, ihrer Klarheit, frei von der Leber weg, eins zu eins auf ihre Umgebung zu reagieren. Das hat die Mutter einfach nicht, nie gehabt. Also ist sie auch in Gegenwart des Kindes, oft und wieder einmal, mit sich allein, fühlt sich bisweilen fast verraten, auch wenn sie weiß, dass das Blödsinn ist. Grip hat Stella oft nur in den gemeinsamen Ritualen, dem Bereiten des Abendessens, oder anderen Handgriffen im Haushalt – auf die Bewegung kommt es an, weg vom Tosen im Gehirn, hin zum Gebrauch der eigenen Hand beim Öffnen einer Waschmaschine …

Klar, jeder Idiot weiß, dass Geschirrabwaschen gesund für die Psyche ist. Oder war das Abtrocknen, und in einer Welt voller Geschirrtrockner …?

Jetzt zitiere ich schon munter die Zitate, also langsam Ende hier – das Ende des Buches wird hier wie immer nicht verraten, nur soviel noch:

Wie eingangs erwähnt, in dem Buch sind keinerlei Sujets zu finden, auf die ich gemeinhin abfahre, überhaupt, von all dem worauf ich so stehe im Leben, und vor allem in der Nacht, ist hier zero, null, nix, nada die Rede.

Alles was ich hingegen “schwierig” (auch dieses Wörtchen eine Leihgabe moderner weiblicher Textbeiträge) also, was für mich eine geistige Herausforderung darstellt – das gibt’s hier Sonne satt. Oder besser, grau ohne Ende.

Mich manchmal schwer getan.
Im Vorfeld gierig Ressentiments über Frau Hermann gelesen, drauf und dran gewesen, diese nachzuplappern. Mir irgendwann verstohlen die Dickies hochgezogen, und zur Abwechslung mal ein paar der eigenen Grenzen plattgewalzt.
Während des Lesens waren die zu eng geworden.
Aller Liebe Anfang von Judith Hermann – ist eine Offenbarung.
Ein Meisterwerk? Keine Ahnung.
Ein wichtiges Buch.
Für die Frauen.
Und all jene Männer, die heute Frauen lieben.

Heiko “Hesh” Schramm

Zur kompletten Sendung.

Put Your Shoes On

PUT YOUR SHOES ON

Put your shoes on
stranger boy
being out here on the highway with naked feet
is not a good idea
it’s a tell-tale sign
and it’ll get you arrested

You say you come from Mexico
I could have guessed
and anyway
there’s already one guy
with a broken heart
wandering ‘round
outside of Austin Texas

Put your shoes on
though it won’t change the dirt on your clothes
and the stillness of your spirit
I think to myself how
GREAT
this place is
for our hopes and salvation
though they are different we have this grey strip
of concrete in common
two miles from the nearest Seven-Eleven

Put your shoes on
startled animal kid
you stare vacantly at my sharkskin suit
and I realize
that you have a reason to be here

I wouldn’t survive your poverty for a day
and you wouldn’t want my sick brain

Put your shoes on
my proud little friend
that you will never be
come with me into the city
put these five bucks in your pocket for a phone-call
to the number
on that forlorn piece of paper and some food

I hope the people
you are trying to get to exist
your Lady of Guadalupe
will protect you

Back on my own
I begin to feel ashamed
of my heroism
and it’s a welcome break
from my daydreams of Rose.

HESH

ZIEH’ DEINE TURNSCHUHE LIEBER WIEDER AN …

Zieh deine Turnschuhe wieder an
fremder Junge
Mit nackten Füßen hier draussen an der Stadtautobahn
Ist keine gute Idee
Sieht verdächtig aus
Der nächste Bulle, der vorbei fährt hält an und steckt dich in ‘ne Zelle

Du sagst du kommst aus Mexico
hätte ich auch erraten
Schon klar
dass du nicht der Zweite bist
der mit gebrochenem Herzen
hier herum irrt
irgendwo ausserhalb von Austin, Texas

Zieh deine alten Turnschuhe lieber wieder an
auch wenn es keinen Unterschied macht bei deinen Dreck-Klamotten
und der Stille deines Wesens
Ich denk mir
Welch passender Ort
für Hoffnung und Erlösung
Wie verschieden wir auch sind, der grauen Streifen
aus Beton ist unser Leitstrahl hier
2 Meilen entfernt vom nächsten Seven-Eleven

Zieh deine Bodden wieder an, Mann!
Wie ein verschrecktes Tier
starrst du verstohlen auf meinen Anzug aus Sharkskin
Mir wird klar
du bist derjenige von uns
welcher einen Grund hat hier zu sein

Ich würde keinen Tag überleben mit deiner Armut
Du du wölltest mein krankes Hirn nicht haben

Zieh deine Schuhe an
stolzer kleiner Freund
der du niemals sein wirst
Komm mit mir zurück in die Stadt
steck dir die fünf Dollar in die Tasche für’n Telefonanruf
an die Nummer auf dem zerknüllten Zettel
und für was zu fressen

Ich hoffe diese Leute
die du treffen willst existieren überhaupt
Deine Lady of Guadalupe
wird dich beschützen

Zurück alleine
fange ich an mich zu schämen
für meine heroische Hilfe
und doch ist es eine willkommene Unterbrechung
in meinen Tagträumen von Rose

HESH

Listen to Put Your Shoes On

The Blue Note Song

The Blue Note Song

When the old shades scream too loud
I go out at night like many men before
Afraid to miss the miracle I roam
To a bar where there’s no thorough plan

Mr G. in his white Hanes tee
Free hugs and five bucks admission fee
Wishing for love, but just getting in a fight
Whatever, maybe another night

They’re telling you times are changing
Well the longing remains, but the magic’s strayed
At Mr G.’s you feel like Jet-Set Jane
Even if you’ve got no cash for the plane

Mr G. in his white Hanes tee
Free hugs and five bucks admission fee
Wishing for love, but just getting in a fight
Whatever, who needs Vegas lights…

Patient Mr G. pours Jim Beam on factory-faded skinny jeans
Removing fingers from cellphones
While a woman in a leopard dress dances in dim red light’s caress
Mr. G spins some records…

When the hour draws near for all the students to disappear
And get some sleep for their career
While a woman in a leopard dress dances in dim red light’s caress
And the ashtrays are a mess…

Mr G. in his white Hanes tee
Free hugs and five bucks admission fee
Wishing for love, but just getting in a fight
Whatever, maybe tomorrow night

This song is dedicated to M. Glaser

Blue Note Song

(für M. Glaser)

Im Hotel, früh um halb vier –
die Schlagschatten langen zu, also raus hier.
Egal wohin und warum –
ein letztes Bier, bringt keinen um.
Auf, auf in die Nachtstadt –
wo das Licht für alle offen hat.

Ausgerechnet heute,
das Wunder verpassen?
Als wäre ich jung –
treiben durch die Nachtstraßen.
Hin zu dem Laden, der Bar an der Ecke –
schon von weitem, grüßt wildes Halsgerecke!

Mister G im weißen Unterhemd –
am Eingang nimmt er ‘n Fünfer, für ‘ne klasse Band!
Sehnt sich nach Liebe, landet in wilden Schlägereien –
Egal: In ‘ner ander’n Nacht, wird’s längst vergessen sein.

Sie sagen, die Zeiten ändern sich –
allein die Sehnsucht, lässt dich nie im Stich.
Blaue Noten, für blaue Stunden –
kleine Wunder, drehen selten ihre Runden.
In Mister G’s Bar, kannst du für die Nacht verreisen –
selbst wenn die Kohle nich’ mal reicht, bis raus zu den Gleisen.

Mister G im weißen Unterhemd –
er nimmt nur’n Fünfer, für ‘ne klasse Band!
Sehnt sich nach Liebe, landet in ‘ner Schlägerei –
Das Neonlicht von Vegas, geht uns doch am Arsch vorbei!

Mister G kippt Jim Beam auf löchrige Skinny Jeans – O weh, O weh –
erschrockene Fingerchen, zuckend über’m Smartphone-Display.
Eine tanzende Leopardenfrau, ihre blonden Haare wehen –
Mister G, lässt seine Platten schneller drehen.

Irgendwann, wenn deine Augen die meinen finden –
die Studenten in ihren WG’s verschwinden.
Sich auszuschlafen, für ihre Karrieren –
will ihnen weiß Gott keiner verwehren.
Tanz mich, du Frau im Leoparden Kleid, umarmt vom roten Licht –
nehm’ dich gleich hier auf der Theke, die vollen Aschenbecher, die stör’n uns nicht.

Mister G im weißen Unterhemd –
Hey, zahl’ nen Fünfer, für ‘ne klasse Band!
Sehnst dich nach Liebe, fliegst hochkant raus –
Was soll’s, schon morgen Nacht, geht’s anders aus …

Listen to The Blue Note Song

Seagulls & Nations

Seagulls & Nations

whatever corrosion
the sea remains
cause it’s always in motion
it’s never the same

whatever devotion
the sea remains
feeling lost in transition
there’s no one to blame

seagulls and warplanes flying high
empires and nations passing by
lovers and liquor make you high
remember her name, she leaves you dry

whatever probation
the sea remains
here or in prison
it’s always the same

whenever permission
the sea remains
there’s no concessions
it’s always insane

eagles and drones flying high
waiting for chances, leaves a long sigh
poisoned temptations, as hard as you try
betraying your friends, it’s always a lie

Fran & HESH

Möwen & Nationen

Verwitterung und Rost
das Meer bleibt
immer in Bewegung
niemals gleich

Hingabe oder Trotz
das Meer bleibt
fühlst dich gefroren
die Schuld schweigt

Möwen und Kampfjets fliegen vorbei
Imperien und Nationen sinken wie Blei
Liebe und Suff – die machen dich groß
kein Platz für dich – in ihrem Schoß

Hoffen auf Bewährung
das Meer bleibt
hier oder im Knast
bleibt sich gleich

Mit oder ohne Erlaubnis
das Meer bleibt
keine Zugeständnisse
bis es dich zerreibt

Adler und Dronen fliegen weit
Warten auf Chancen, immer –
und niemals bereit
Falsche Versuchungen – vergiften dich bloß
Freunde sind so leicht zu verraten –
doch spürst du im Hals, den ewigen Kloß?

HESH & FRAN

Listen to Seagulls & Nations

Studio B – HESH on Veit Pätzug

Photo by Andy Menz

Photo by Andy Menz

Dynamo

HESH rezensiert Schwarzer Hals, gelbe Zähne von Veit Pätzug.

Mein Sohn Al fährt Stunt-Scooter, skatet wie der Teufel, BMX-Rad fährt er auch, und wenn die demnächst noch was neues rausbringen …, egal, jedenfalls hängen wir oft am Lingner rum. (Mitten im Zentrum von Dresden – Lingner-Allee – Dynamoland!) Ich glotz ihm zu, wenn er wie’n Wirbelwind über die Skaterbahn peest, lese dicke Wälzer über John F. Kennedy und betrinke mich entspannt. Eines Samstagnachmittags fluteten die Fans von Dynamo die Szenerie, wie ein endloser Strom aus schwarz-gelben Leibern. Nur’n paar Meter entfernt von mir und meiner eiskalten Bierbüchse, versammelte sich ‘ne Truppe Dresdner Ultras, jeweils auch mit ‘ner noch vollen Flasche in der Hand. Das war’s aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten …

Damit ihr euch das vorstellen könnt: ich seh’n bisschen aus wie’n Boxsportreporter aus Dallas, Texas, allerdings aus der Zeit so um zirka 1962: Hut und schmales Schlipschen, dazu auch noch, halt dich fest, Cowboy-Boots! Alles in allem, wohl’n ziemlich krasser Aufzug für’n Rudel junger Kerle, die eher auf UMBRO Sweatshirts stehen …

Daher bekam ich von den Jungs auch’n paar Blicke ab, als wär ich vom Mars oder so. Mist. Ok, ich plusterte mich also künstlich ein bisschen auf, und versuchte einen auf dicke Hose zu machen. Ich stellte mir vor, ich wär, also, äh, mindestens ‘n Mafia-Killer. Batman is’ nun wirklich  durch …

In Wahrheit, hatte ich natürlich den Arsch voll – Horden von jungen Typen mit Wut in den Augen lösen bei mir zuverlässig Anfälle von Blähdurchfall aus. Diesen von der Art, wo man nich’ weiß, ob’s nass rauskommt, Comprende? Für ‘nen kampferprobten Schisser, also Flucht nach vorn: das Männlein mit Hut schlurfte betont lässig zu dem Pulk hin und – FUCK (!), bekam es doch tatsächlich hin zu fragen:

“Gegen wen spielen wir’n heute?”

Mindestens 7 Augenpaare nahmen mich ins Visier und wurden dunkelgrau.

“Wir?”

“Hackt’s, du Pansen?”

Ok, abgelofen und bumm Ende.

Dabei fand ich die BILD-Schlagzeile damals doch selber voll zum Kotzen: Von wegen “WIR sind Weltmeister” und so’n Scheiß …

Veit Pätzug, welcher das vorliegende Buch zusammenstellte, hat kein Glaubwürdigkeitsproblem. Er ist mit Dynamo aufgewachsen, aber selbst für ihn war es am Anfang nicht so einfach, mit den Jungs ins Gespräch zu kommen.

Du gehörst dazu, oder eben nicht.

Gründe für gesundes Misstrauen sind reichlich vorhanden. Die allzu oft arg einseitige Berichterstattung deutscher Printmedien, zumeist mit Fokus auf tatsächliche, oder angebliche Gewaltexzesse, kennen und hassen die Fans bis zum Erbrechen. Ein schier endlos schwallender Strom aus  zugespitztem, und, na klar, meistens von Außenstehenden abgelassenem Dünnschiß. Irgendwie hab ich’s heute rektal, und, ausgerechnet ich muss über Außenstehende herziehen …, der Punkt ist:

Über das Buch Schwarzer Hals, gelbe Zähne hat sich eigentlich niemand auszulassen.

Es gehört den Fans.

Purer ungeschönter Hardcore. Punkrock. Saftet wie Atze, die Schreibe, weil diejenigen zu Wort kommen, die wissen wovon sie reden. Dieses Buch liest sich, so wie es war und wie es hätte bleiben sollen, bevor der Ausverkauf einsetzte. Aber der lässt ja, egal in welchem Business, nie lange auf sich warten.

Pätzug führt Interviews mit Fan-Urgesteinen von Dynamo, mit Dresdner Ultras, aber auch mit Polizeieinsatzkräften. Und, er stellt die richtigen Fragen. Das muss man erstmal schnallen, wie der Mann sich selbst zurückhält. Nirgends ein Werten oder Moderieren für die liebe Außenwelt, kein Reingewasche, oder wie auch immer geartete Rechtfertigungen für irgendwas, in Richtung “interessierte” Öffentlichkeit. Den interviewten Jungs ist und bleibt eh scheissegal, was irgendein Gutmensch von ihnen denkt. Sie gewähren einen Einblick in ihre Sicht der Dinge, verweisen auf die speziellen Unterschiede unter den einzelnen Fangruppierungen und beweisen einen erstaunlichen Sinn für Humor. Und, wie gesagt, sie offenbaren einen salsa-scharfen Riecher für alles, was nach kommerzieller Ausschlachtung stinkt.

Veit Pätzug gelingt mit diesem Buch etwas Einzigartiges: Er legt eine Chronologie der Geschichte der Dresdner Fankultur vor, welche über reine Spielstände, glorreiche Auf- und bittere Abstiege, sowie die schlichte Identifizierung mit einer Mannschaft über den Verkauf von Fan-Artikeln weit hinausgeht.

Die Geschichte eines Lebensgefühls.

In einem grandiosen FAZ Bericht zum vorliegenden Buch steht’s voll auf die Zwölf. Ich zitiere:

“Bücher von Fußballfans und über Hooligans gibt es viele. Besonders aufregend sind sie oft nicht. Hier wird aber eine Mentalitätsgeschichte von später DDR, Wende und wiedervereinigten Deutschland daraus – und es ist große, erschütternde Protokoll-Literatur, wie es sie seit den Siebzigern nicht mehr gegeben hat: Es ist das, was man hört, wenn man ein Stadion dröhnen hört – und wenn dann einer die einzelnen Stimmen herausfiltert und nach ihren Geschichten und Ansichten befragt.”
Zitat Ende.

Was ist das eigentlich?
Fan sein.
Sicher für jeden etwas anderes.

Für manche Leute der Teil ihres Lebens, welcher sich zu deutsch: Freizeit schimpft. Eine Sache unter vielen anderen, welche das Leben so ausmachen. Eben: gute Unterhaltung, vor allem – wenn’s gut läuft. Aufstieg, Sieg, und nur zwee’e vor ei’m, am Bradwurschtschtand …

Für andere bedeutet Fan sein: ALLES. Auch und gerade, wenn’s Scheiße steht. Und diese, in meinen Augen, wirklichen Fans, die werden dann aktiv, organisieren sich, entwickeln Rituale die nur sie verstehen, weil, nur für sie sind ‘se da! Sie schieben Ihre Mannschaft an, ja mehr noch: Sie kämpfen mit.

Zitat eines Dresdner Ultras aus dem Buch:
“Ich würde sogar behaupten, wir holen dem Verein auch den einen oder anderen Punkt, mit der Masse und Stimmung, die bei Dynamo herrscht. Ich denke, wenn die Spieler wie in München so eine schwarz-gelbe Wand hinter sich haben, dann wissen die auch, wofür die rennen. Gerade auch die jungen Spieler, die herkommen, sind schon wirklich fasziniert, wie’s hier abgeht. In den letzten 10 Minuten, wenn’s noch mal eng wird, sitzt da keiner mehr, da steht die ganze Hütte und brüllt. Ich denke die Jungs kriegen da nochmal ordentlich Wind – und der Gegner auch leichte Beklemmung im Darmbereich.”
Zitat Ende.

Da haben wir’s wieder: “Darmbereich …”, zieht sich heute scheinbar durch den ganzen Text, dabei ist von ”brauner Soße” noch nicht mal die Rede.

Zurück zum Fan sein.
Fan.
Sein.
Teil von “etwas” sein.

Letztendlich, gehts um Zusammenhalt. In guten und in schlechten Zeiten. Kannst du eigentlich auch mit deiner Frau haben, steht ja so im Ehegelübde, is’ aber äußerst selten. ODER, in einer Band: Das ist der blanke Wahnsinn, da, kenne ich mich aus. Die Beatles haben mal,  angesprochen auf ihren Erfolg, so geantwortet: “Weil wir vier waren!”

Dieses Gefühl einer verschworenen Gemeinschaft, findest du auch unter Soldaten im Kampf. DIE kämpfen nicht für das Gesülze ihrer Generäle oder irgendwelcher, schön im trockenen sitzenden Politiker, die pausenlos von einer ganz großen, und natürlich immer gerechten Sache faseln. Nein, sie kämpfen für den Mann neben sich, an ihrer Seite, für ihre Einheit, die Kompanie.

Irgendeinen Sinn muss das Leben doch haben …
Für viele junge Leute in Dresden, hat es aber schlichtweg keinen.

Jobs sind dünne gesät, ohne Kohle bist du draußen. Wenn du auch noch’n Querkopp bist, nicht brav und geräuschlos funktionieren willst, ja, am Ende noch etwas wirklich wildes in dir hast, dann kriegste die rote Karte und kannst maximal zum Arschamt schlurfen …

Was? Ist doch gar nicht so…?  Es liegt an jedem selbst? Jeder ist seines Glückes Schmied? Alles klar, Friendo.

Schon mal dran gedacht, das’n durchschnittlicher Zwanzigjähriger manchmal einfach keinen Bock auf Differenzierung hat? Für den zählt das gottverdammte Lebensgefühl hier, und das ist für die meisten Kotze.

Also suchen Sie sich was. Was ihnen gehört. Gleiche Interessen, gleiches Ziel, verschworene Gemeinschaft, und fertig is’ die Laube. Nenn’s ‘ne Family, wenn du so willst. Und diese Familie, die wird dann auch verteidigt.

Und für so manchen jungen Kerl im Osten, der immer nur hört, dass er das und das nicht hat, oder so und so scheiße is, bedeutet es noch was anderes: In der Energie eines Schlages mit der Faust, mal für ‘ne Sekunde wenigstens, frei zu sein! Selber zu entscheiden, ob’s auch paar zurück in die Backen gibt.

Kannst DU alles finden wie du willst, soll der Staat doch die Jugend im Osten endlich mal fördern, gern auch die sogenannte Unterschicht in Prohlis und Gorbitz, und nach ‘ner Weile mal wieder ’n paar Interviews mit der Bullerei zum Thema Jugend und Gewalt führen, da wird der Zusammenhang dann sicher von irgendeinem Soziologen völlig neu entdeckt werden und der darf dann nach Frankfurt am Main zum Kongress fliegen …

Wem die soeben angerissenen Zusammenhänge weiterhin als zu simpel wiedergegeben erscheinen, dem pack ich’n Nachschlag Klartext drauf, allerdings in Schleifen, ich muss mich ranrobben:

Thema: Verherrlichung von Brutalität, hemmungsloses Ausleben von körperlicher Gewalt usw.

Auftritt:  Der erlebnisorientierte Fan. Im Buch explizit darauf eingegangen, in dem Abschnitt über einen gewissen Samstach Anno 2002 …

Mist, es bleibt leider simpel und einfach, siehe auch:

Aggressionspotenzial. Das is’ drin im Menschen. Muss manchma’ raus.

So wie ficken wollen.

Männer gehen seit Jahrtausenden zu Frauen und bezahlen dafür, wenn die Ute keinen Bock mehr hat, oder noch schlimmer: es vielleicht gar keine Ute (mehr) gibt …

Damit das klar ist: Zur Prostitution gezwungene Frauen: Für Freier wie Zuhälter – bitte ein kräftiger Tritt in die Eier! Hingegen, freiwillig als Prostituierte arbeitenden jungen Damen gebührt, und zwar jeder einzelnen anteilig, der fucking …, oder besser, genau: der Fick-Friedensnobelpreis. Wird nie einer rausfinden, wie viele Vergewaltigungen die Ladys tagtäglich so verhindern.

Und so isses auch mit dem Gekloppe:

Mit der Gegenseite, welche auch Bock drauf hat, ‘ne prima Sache. Natürlich nur solange die Dynamo-Fans die Oberhand haben …
😉

Kleiner Scherz. Aber apropos umnieten: Unbeteiligte sollten definitiv heil bleiben, weil, hm, das sind, äh …, wie der Name ja sagt: Unbeteiligte.

Bleiben noch – die Bullen.

Niemand wird gezwungen, z.B. Fahrkartenkontrolleur zu werden. Und, nun ja, zum Bereitschaftspolizisten unter dem verehrten Herrn Markus Ulbig, muß man eben auch ein bißchen geboren sein. Etwas von einem Krieger, sollte da im Genpool schon herummäandern. Und manchmal, da gibts dann eben auch mal wat uff’n Helm.

Am Ende läufts darauf hinaus: Wer sät, wird ernten.

“Don’t take your gun to town” von Johnny Cash, erzählt in klaren Worten die alte Geschichte: Wer das Messer und die Knarre zieht, oder in DD Steine gegen Einsatzkräfte schleudert, der kann eben auch sein Gebiss einbüßen. Dann sieht er halt scheiße aus, und die Sandy aus Prohlis geht lieber mit Ronny mit.

So, gegen Ende das Rad wieder kleiner gedreht, meistens ist es doch einfach mal:

Provozieren!

Auf den Fahnen riesengroß: ELB-KAIDA!
BRUTAL FANS – DYNAMO DRESDEN!

Geile Scheiße …!

Die Medien, diverse Schöngeister und der Freizeit-Fan –  wittern allesamt tiefere Bedeutung, politisch zutiefst Inkorrektes.

Böse, Böse …

Dabei is’ es manchma’ einfach Fun, Alta!

D’NAAMO!!!!

Dynamo.

Für mich: zusammen mit meinem Sohn Al MDR Info Direktübertragung hören. Schreien, wenn die siegen! Leiden, wenn nich’.
In jedem Falle Mitfiebern.
Nicht dazuzugehören? Kein Problem.

Die Welt von Schwarzer Hals, Gelbe Zähne is’ nich’ meine Welt.

Hab meine eigene, die der Musik und des Schreibens. Das Brennen aber, für etwas zu brennen, sei’s für was auch immer, das macht den Unterschied, in einer immer faderen, beschisseneren Welt, in der es nur noch um Besitz zu gehen scheint.

Veit Pätzug hat ein Hammerbuch vorgelegt.
Der Mann sollte mal Kaltblütig von Truman Capote lesen, und einen guten Roman schreiben. Frauen und Männer mit Eiern, ob nun innen oder außen dran, die braucht das Land!

Heiko “Hesh” Schramm

Zur kompletten Sendung.

The Best Marksman

best marksman1

THE BEST MARKSMAN

Not Cook nor Peary
but a guy with a strange name
became the first man to reach the North Pole
sometime in 1968

It wasn’t Shakespeare who penned all those plays
but the bluest of blue-blooded boys
at the court of Queen Elizabeth

How much of the shit
churned out by the press
under names that flash like neon
really smell like the truth?

If you’re not angry
If it doesn’t touch you deep inside
If you don’t at least
try to make sense of all of this
Don’t waste my time –
and stop talking
Greybeard
Don’t waste my time –
and stop talking
Lady

Which camera team
has never stopped to count the dead
after the lava of war has cooled
and the guns have gone silent –
or the war has become normality?

Are the terrorist’s former lawyers
onto a good thing
with their articles in that German magazine?
Can they claim to be whiter than white
simply because they avoid the loud blood
but still use caustic words on the few clean spots
on the button-down of democracy?

If you’re not angry
If it doesn’t touch you deep inside
If you’re so fucking sure
Don’t waste my time –
and stop talking
Greybeard
Don’t waste my time –
and stop talking
Lady

And maybe
Lee Harvey Oswald
really was the best marksman
the world had ever seen

HESH

Der beste Schütze, den die Welt je gesehen hat

Nicht Cook oder Peary
sondern ein Typ mit ‘nem seltsamen Namen
war der erste Mann am Nordpol
irgendwann im Jahr 1968

Es war auch nicht Shakespeare der alle die Stücke verfasste
sondere der blaublütigste unter den Blaublütigen
am Hof von Königin Elizabeth

Wieviel von der Scheisse
die die Presse auskübelt
über den Namen die wie Neonlicht strahlen
riecht wirklich nach der Wahrheit?

Wenn du nicht mehr wütend wirst
Wenn dich nichts mehr wirklich berührt
Wenn du nicht mehr herausfinden willst
welchen Sinn das alles hat
Verschwende nicht meine Zeit –
und hör auf zu quatschen
Graubart
Verschwende nicht meine Zeit –
und hör auf zu zwitschern
Lady

Welches Kamerateam
hört nicht auf die Toten zu zählen
wenn die Lava des Krieges erkaltet
die Waffen stiller zu werden
und der Krieg zu etwas normalen wird?

Sind diese Typen welche sich zu Anwälten der Terroristen machen
auf dem richtigen Weg
mit ihren Artikeln in einem deutschen Nachrichtenmagazin?
Können die sich vormachen ‘ne weisse Weste zu behalten
weil sie von echtem Blut die Finger lassen?
Aber mit schmutzigen Worten zündeln an den paar noch sauberen Flecken
auf dem Hemd unserer Demokratie?

Wenn du nicht mehr wütend wirst
Wenn dich nichts mehr wirklich berührt
Wenn du dir in allem so gottverdammt sicher bist
Verschwende nicht meine Zeit –
und hör auf zu quatschen
Graubart
Verschwende nicht meine Zeit –
und hör auf zu zwitschern
Lady

Und vielleicht
war Lee Harvey Oswald
ja wirklich der beste Gewehrschütze
den die Welt je gesehen hat.

HESH

Listen to The Best Marksman

Studio B – HESH on Truman Capote

hesh on truman capote

Werk und Mensch,

Meisterschaft und Leben.

HESH rezensiert Music for Chameleons von Truman Capote.

“Werk und Mensch, Meisterschaft und Leben”

Zum Werk von Truman Capote

INTRO

“Zeus ließ Prometheus fangen und in die schlimmste Einöde des Kaukasus schleppen. Er ließ eine schwere Kette schmieden, um ihn an einen Felsen zu fesseln. Ohne Speise, Trank und Schlaf, musste Prometheus dort ausharren, und jeden Tag kam der Adler Ethon und fraß von seiner Leber, die sich zu seiner Qual immer wieder erneuerte, da er ein Unsterblicher war.”

(Prometheus/ Auszug: Wikipedia)

Es gibt Menschen, die ein Leben lang unter dem Körper leiden, an den sie gebunden sind. Zwischen Schmerzschüben eingezwängt wie in einer Felsspalte, vegetieren sie dahin. Erlösung verpricht nur der Tod. Keinen Penny wert für den, der leben will. Der Quacksalber fragt: “Hatte einer ihrer Vorfahren vielleicht die Syphilis?” Das Gerechtigkeitsempfinden der Biologie, gleicht dem des Wetters und der Liebe. Ursache und Wirkung? Vergiss es. Diese Gesetzmäßigkeit passt besser auf die Schlachtfelder und die übrigen Bereiche des Human Entertainment. Ein bunt flackernder Zirkus der Illusionen, auf der Suche nach Trost durch Erklärbarkeit, alles nur, um sich an den jämmerlichen Resten der eigenen Handlungsfähigkeit festzukrallen. Natur als Zellstruktur, freie Radikale als Schicksal. Oder doch nur das launische Gehabe von Gaia, und Zeus steckt den Kopf in den Sand? Was auch immer. In jedem Falle ungefragt. Zugewiesen. Auch Generäle und Milliardäre verecken an Darmkrebs.
Irgendwann wappnet sich die gepeinigte Kreatur gegen die nächste unbestellte Lieferung. Sie empfängt den frisch in der Hölle erhitzten Nachschlag aus Qual und Pein, steht es ein weiteres Mal durch; oder aber, sie entscheidet sich den Schmerz wegzuschicken. Einfach ist das nicht: Nur in friedlicher Koexistenz mit ihrem Wirt geht es Schmerzen gut. Aufgrund dieser Symbiose existieren sie. Also machen sie vieles mit. Sicher jauchzen sie vor Freude, wenn du ihnen jedes noch so kleine Raunen von den glühend heißen Lippen abliest. Aber sie sind auch nicht böse, wenn du versuchst sie zu ignorieren. Schmerzen wollen helfen, dich und deinen Körper miteinander zu versöhnen. Das ist ihr Job. Wenn diesen Triggerpunkten des Nervensystems eines Tages aufgeht, dass es nicht passen will, dass deine widerspenstige Seele niemals klein bei geben wird, sich mit einem Stück Scheiße als Produkt beliebig dysfunktionaler Genetik zu arrangieren; sind sie meist längst viel zu vernarrt in ihre Macht über dich, und genießen ihr Eigenleben.

Nach meiner Erfahrung, musst du den Schmerz nah an dich heranlassen, um ihn dir vom Hals zu schaffen. Du solltest auf kalte Art wütend sein, deine Stimme darf nicht zittern:

Ich bin der Boss. Du bist es nicht. Und jetzt verpiss dich”.

Zusätzlich, kann ein bißchen Voodoo Marke Eigenbau, bei all dem hilfreich sein. Ich bin für harte Stunden auf visuelle Weise vorbereitet. Ich trage Tätowierungen, die für jene Themen und Kraftfelder stehen die mein Leben begleiten, und es mit Energie überziehen. Dick Hickock und Perry Smith, sind auf den rechten Unterarm tätowiert. Die bösen Jungs aus In Cold Blood, zu deutsch: Kaltblütig, dem großen Roman von Truman Capote.

Meisterschaft

Beginnen wir mit Gedanken zur Meisterschaft; ganz im Sinne des langen Weges zur Meisterlichkeit eines Schriftstellers, anhand von Truman Capote’s: Music for Chameleons.

Auf Seite 5 eine Widmung:
Für Tennessee Williams.
Auf Seite 7 das Inhaltsverzeichnis:

Römisch 1 fett gedruckt: Music for Chameleons.

Eine handvoll kurzer Storys, die um autobiograpische Erinnerungen – meist aus Capote’s Jugend – kreisen. Leichte, ohne schenkelklopfende Pointen auskommende, hingestrichene Bilder; eher wie erzählte Träume wirkend. In jedem Wort atmet die Kultur alten Südstaaten Adels: Der Blick zurück ohne Wehmut, wie die Augen eines Habichts auf diesen Zeilen, als tonlose Frage an die Gegenwart, ob zu erwartende Qualitäten in der Zukunft, die Mühe sich zu erklären oder, sich zu interessieren, überhaupt noch lohnen. Diese Rubrik, zugleich namensgebend für den ganzen Band.

An römisch 2: Handgeschnitzte Särge:

Ein Tatsachenbericht über ein Verbrechen in Amerika. In schmerzhaft spröder Sprache wird das weitverbreitete Fehlen der Barmherzigkeit unter den Menschen nicht etwa: angeprangert, sondern schlicht beschrieben. Aufgrund des Themas und der Art wie erbarmunglos beiläufig Capote den Fortgang haarsträubendster Ereignisse schildert, wird dieser Text die Zeit länger überdauern, als uns allen Recht sein kann. Pete Dexter oder der junge Donald Ray Pollock könnten diese Geschichte zum Anlass genommen haben, eines Tages in einen Grocery-Store zu schlurfen, und nach’n paar Round-Stic-Ball-Pens von Bic, und ‘nem Marble Composition Book zu fragen, oder, sich besser gleich eine alte Schreibmaschine der Firma ROYAL zuzulegen, auf einem einzigen Exemplar dieses Typs schrieb Mr. James Lee Burke von 1966 bis 1990 an seinen grandiosen Romanen …

Den Abschluss der dreiteiligen Gliederung bildet unter römisch 3., die Rubrik Konversationsporträts:

Eine ebenfalls, fast arglos anmutende Sammlung verschiedener Begegnungen Truman Capote’s, mit mehr oder weniger bekannten, und einer so richtig berühmten Person aus Funk und Hollywood: “Happy Birthday Mr. President …?

In der letzten Story des Buches, ist schließlich vom Ringen Capote’s mit der Verzweiflung am Leben selbst die Rede. Diese kleine Geschichte in Form eines Interviews, welches Truman Capote mit seinem imaginären, seinem anderen Ich führt, namens: “Wie siamesische Zwillinge Sex machen”, wirkt wie ein Resumé. Capote spricht in Andeutungen über seinen als schier endlos empfundenen künstlerischen Kampf. Er erwähnt die Dämonen seines obsessiven Wesens; im Zwielicht dieser Zeilen schimmern quälende Fragen um Schuld und die Angst vor der Sühne. An einer Stelle wird er deutlich, ich zitiere: “Ich bin Alkoholiker. Ich bin rauschgiftsüchtig. Ich bin homosexuell. Ich bin ein Genie!” Dieser verstörende Abgesang bildet mit seinen schmerzhaften Reflexionen eine Klammer bis ganz an den Anfang des Buches, und zwar noch vor die erste, bereits erwähnte, römische 1., für Music for Chameleons. Da steht ein kleines Wörtchen, fast wie verloren:

Vorwort. Das hat es in sich.

Hier wird der Leser sozusagen: eingestellt. Oder vereidigt? Truman Capote nimmt uns mit zu den Anfängen seiner Arbeit als Schriftsteller, beleuchtet Höhen und Tiefen seiner Karriere, und beschreibt die immer wieder neu entfachte Suche nach der perfekten Form der Sprache, in Zeit und Epoche. Capote ordnet es nicht direkt an, wie auch …, aber man hat das Gefühl, es wäre ihm recht, wenn der Leser all seine vorherigen Bücher bereits studiert hätte, bevor er mit der Lektüre von Music for Chameleons beginnt.

Capote’s Stil, sowie der dramaturgische Aufbau der einzelnen Storys, siehe auch: der Plot, ist unmöglich durch schlichtes Wiedergeben der Ereignisse zu vermitteln. Vordergründig passiert nämlich eigentlich: überhaupt nichts weiter. Kaum eine Story wäre überhaupt nacherzählbar. Es gibt keine wirkliche Handlung, in Form eines wie auch immer gearteten Spannungsaufbaus. In diesem Buch wird, wenn überhaupt, nur subtilst Position bezogen. Etwaige Wertungen sind mittels Auslassung bzw. Auswahl, ohne tendenzielle Brenngläser oder glühende Adjektiv-Gewitter, rein in der kristallinen Beschreibung der als real geschilderten Ereignisse enthalten. Es könnten Kapitel aus Capote’s Tagebuch sein.

Die Pointe:

Es liest sich wie die reine Lehre des Journalismus, als Kunstform.

So manche jener tapferen Frauen und Männer, welche heutzutage als JournalistInnen Tag für Tag darum kämpfen Qualität zu liefern, die trotz immer schlechterer Bezahlung immer wieder in die Spur gehen, um unseren Wunsch nach Information zu befriedigen – und damit unser aller Illusion befeuernd, ein Verstehen der komplexen Zusammenhänge dieser chaotischen Welt sei wenigstens im Ansatz möglich, könnte gar etwas ändern und sei daher erstrebenswert – aber auch diejenigen, die in diesem Haifischbecken irgendwann zum Zyniker mutierten, um unsere Nerven – und das Herz sowieso – mit Tonnen von Schmutz zuzukübeln: Sie alle sollten diese kleinen Geschichten lesen. Die Helden könnten neuen Mut fassen, weiter dran zu bleiben. Der Fatalist hätte die Möglichkeit im Selbstversuch herausfinden, ob er überhaupt noch zu beschämen ist. Dem Chefredakteur der BILD-Zeitung, gehörte das Buch – in der gebundenen Ausgabe – mit Schwung um die Ohren gehauen. Kein Zweifel, dass das nichts bringen würde, die reine Vorstellung fühlt sich gut an.

Music for Chameleons, wirkt wie ein Spiegelbild dessen, was es dem Autor im Moment des Warnehmens wert war, eins zu eins, festgehalten zu werden. Da bekommt Dennis Hopper’s Satz: ”Eines Tages wird ein Künstler nur auf etwas zeigen und sagen: “Das ist Kunst!”, noch einmal einen ganz eigenen Dreh. Capote hatte entschieden, dass das Leben selbst im Mittelpunkt dessen stehen soll, was uns hinter Bucheinbänden mit seinem Namen darauf, entgegenspringen soll.

In der Kombination mit der Wahl seiner Themen und lnterviewpartner, enstand so große Literatur. Truman Capote spricht mit Verbrechern, Filmstars und einigen, ziemlich drallen, afroamerikanischen Ladys aus New Orleans. Und die reden alle mit ihm, weil sie das Gefühl haben, dass sie für ihn nicht einfach nur Material, sondern Teil der einen großen – unserer aller – Story sind, von Suche und Zweifel getrieben, mit der Sehnsucht im Herzen, irgendwann einmal gefunden, und ja, gehört zu werden.

Capote verwaltet es. Behutsam, meisterlich dezent, weil er es anerkennt. Das spüren all diese Menschen, und wir: Erfahren von Ihnen.

Truman macht sich nicht gemein. Er richtet nicht. Die Schuld der Verbrecher ist erwiesen. Capote stellt die Frage nach dem Warum neu. Und zwar, indem er sie explizit nicht stellt. Anstelle dessen sagt er: “Erzähl mir deine Geschichte.”

Da kommen dann keine Ausreden, sondern bisweilen einfach das Wesen des Bösen zum Vorschein. Und manchmal wird ein Lebensweg ins Licht gehoben, der uns die Stimme Billie Holidays, mit einem ihrer dunklen, stillen Songs herüberweht, brüchige Melodie aus kratziger Kehle, als Soundtrack zur Erkenntnis: Mein Gott, es hätte auch ganz anders laufen können …

Damit hält Capote der Gesellschaft den Spiegel vor, lässt sie nicht davonkommen, in weiten Teilen meistens ungeschoren, immer nur mit dem Finger auf die Verlierer des Systems zu zeigen. Heutzutage ist die Pervertierung der medialen Fressmaschine auf ein historisches Maß angeschwollen. Der Müll ragt in den Weltraum, kein Wally und seine Eva in Sicht. Ein Mann wie Truman Capote, würde sich einen Wolf in den Nervenzusammenbruch arbeiten, und irgendwann Gedichte über Treibsand schreiben …

Es versendet sich, you know?!

Truman Capote ahnte diese Entwicklung wohl voraus, wenn er den Journalismus als Kunstform als das Thema beschrieb, was ihn in seinen letzten Jahren am meisten beschäftigte. Dieser Fakt, war ihm spätestens seit The Muses Are Heard aufgegangen. Die Umsetzung jedoch, die vielfältige “Klaviatur des Lebens” auf reine Art wiederzugeben, erforderte hartes Ringen an sich selbst. Die innere Einstellung des Autors seine Geschichten betreffend, befindet sich quasi innen, in der Sprache. Kein brillieren um seiner selbst Willen. Weniger, ist Capote alles. Für die meisterliche Umsetzung dessen steht, wie später noch Die Stimme aus der Wolke – der so vielsagende Titel, wie auch das Buch selbst: Music for Chameleons.

Aus dem Leben heraus – werden diese Geschichten erzählt, in ihm, werden sie gelebt. Somit zur anderen Seite: dem Leben eines Schriftstellers.

Leben

Nun, das Leben, das kann grausam sein. Truman Capote hat bezahlt. Wer sich nicht hinter Synonymen und Kaffeehaus-Themen versteckt, steht mit Klarnamen auf der Lichtung, und mit seinem Arsch im Feuer. Jack Kerouac hat seinen Freund Neal Cassidy als Dean Moriarty verbraten. Für ein Buch, welches Tausende von Kids in Daddy’s Chevy auf einen Trip durch das weite Land verführte, unterwegs, auf der Suche nach sich selbst. Neal ist beim Dean-Moriarty-spielen, in der Wüste an einem Bahndamm verdurstet. Jack, hat sich totgesoffen. Was der gemeine Shitstormer heutzutage wegen zu kleiner Hodengrösse anders löst, galt sehr wohl für Truman, denn auch Schwule können Männer sein:

Wenn du in einer Geschichte den Namen einer lebenden Person erwähnst, muss dein eigener auch darunter stehen. Und so war er dazu verdammt, sich die Hinrichtung von Dick und Perry zu wünschen, um seinen bahnbrechenden Dokumentarroman, Kaltblütig, zwangsläufig nun selbst ziemlich kaltblütig, zu Ende schreiben zu können. Der anschließende, schriftstellerische Siegeszug war gigantisch. Allerdings wohl vergleichbar mit einem Flugzeugabsturz, den man nur knapp überlebt. Man wird zum Helden gemacht, zum Sieger über den Tod erklärt. Die Schäden für die Seele jedoch, sind lebenslang spürbar. Und die Gesichter derjenigen, welche den Tod fanden, bleiben allgegenwärtig.

Perry Smith nannte Truman Capote seinen Freund. Jener reagierte geschmeichelt wie kokett mit dem Ausspruch: “Es ist, als hätten wir im selben Haus gelebt, nur das er irgendwann durch die Hintertür hinausging und ich durch die Vordertür.

Er hatte keine Ahnung, was auf ihn zu kam. Einmal Capote’s Leben nach Kaltblütig, in Schlagworten gefällig?

Körperliche wie kreative Erschöpfung. Schreibhemmungen: acht lange Jahre keinerlei Prosa-Veröffentlichungen, erfolglose Drehbücher, Affairen, Alkohol, Drogen. Mehrere Gefängnisaufenthalte …

Ganz ohne Preisschild um den Hals, ist im Leben nur die Liebe. Aber Liebe ist selten. In der Kunst wie im Leben bestimmt das Maß der inneren Gelassenheit den Grad der Unversehrtheit. Die Natur eines Menschen wirkt sich in denjenigen Lebensbereichen welche seiner Einflussnahme unterliegen, auf die Höhe des zu zahlenden Preises aus. Den Rest nennen wir Schicksal.

Ein Beispiel: Attentats-strategien, werden von unterschiedlichen Archetypen bestimmt, sie seien hier anhand von zwei grandiosen Filmen beschrieben:

Edward Fox in: Der Schakal. Ein sauberer, gut vorbereiteter Job aus größerer Entfernung, ohne Risiko für das Leben des Killers.

John Malkovich in: In the Line of Fire. Hier geht der Killer so nah ran, dass alles auf ein reines Selbstmord-Kommando hinausläuft …

Die persönlichen Konsequenzen, die ein Künstler für sein Streben nach Wahrhaftigkeit und Perfektion zu tragen hat, sind allein sein Problem. Der Welt war und ist das egal. Sie ist dafür nicht verantwortlich. Daran ändert weder Ruhm noch Reichtum, in anderen Fällen: unentdecktes Genie, oder lebenslange Armut etwas. Was zu der Frage führt:

Sieht der, sich und seine Umwelt pausenlos kaputt-twitternde Bret Easton Ellis, der Schöpfer von American Psycho, nur durch eine Laune der Natur haargenau so aus, als wäre er der, erstmalig von einem Mann entbundene, verlorene Sohn von Truman Capote? Und müsste sich Truman Capote, heute lebend, in einem Zustand verblassenden Ruhmes und gesellschaftlicher Ächtung – ähnlich wie damals nach Veröffentlichung seines die inneren Geheimnisse der High Society enthüllenden Fragments Erhörte Gebete – vielleicht die selben Worte des Psychiaters von Mr. Ellis gefallen lassen:

Bitte, langweilen Sie mich nicht! Die Probleme Ihrer Jugend sind heute nicht mehr zu klären! Es ist zu spät! Stattdessen: Beenden Sie Ihren Roman! Artbeiten Sie hart, und lesen sie nicht 80-mal pro Tag Twitter! Vor allem: Man up! Seien Sie ein Mann!

Capote könnte hier zynisch und krötenhaft lächelnd entgegnen: “Well, ma Boy, dieser Gedanke ist mir tatsächlich noch nie den Sinn gekommen …”

Lustig?

Nicht ganz so lustig: Ellis’s und Capote’s Werk ist unangreifbar, beide Herren sind, bzw. waren, trotzdem jederzeit leicht waidwund zu schießen, in leidlich verborgener Verletzbarkeit. Das solche Angriffe, damals wie heute, oft von Leuten mit dem geistigen Niveau von Süßwasserlurchen erfolgen, scheint unerheblich zu sein. “Fishing for compliments”, lässt wohl auch die Genies nicht kalt.

Zum Schluß:

Schlicht und klar wie ein Gebirgsbach…” wollte Truman Capote die Sprache von Music for Chameleons gestalten, kein Wort zu viel sollte es sein. Diese Storys stehen für sich, aus dem Leben praktisch herausgeschrieben, in der Kunst für ewig festgehalten. Capote wollte es uns trotzdem vorher erklären, das Buch im Kontext seines bisherigen Werks verstanden wissen. Und den Leser zusätzlich, in der letzten Story, sehr intim ins Bild setzen, wovon zu berichten er sich in Music for Chameleons auf jeder Seite verkniffen hat: den Höhen und Tiefen seines Lebens.

Er stellt es einander gegenüber: Werk und Mensch, Meisterschaft und Leben. Und, er verbindet es.

Der einzig gangbare Weg, von Klingen gesäumt.

Heiko Hesh Schramm

Zur kompletten Sendung

 

God Of Bitumen

Photo by Vandy

Photo by Vandy

God of Bitumen

He felt like a preacher man
Sent from the God of Bitumen
Spent some dough and a warm word
on the indigent
He felt like a preacher man
in his black suit, walking by a garbage can

Just another clown
trying to be a preacher man
but when nobody looks, he takes a sneaky glance
at some lady’s boobs
just another clown
trying to be a preacher man
always has luck and enough money
for booze and another bunny

He looked like a preacher man
but he just fled those
who needed him the most
He looked like a preacher man
empty inside, on a diet of crackers and wine

Just another clown
trying to be a preacher man
but when nobody looks, he takes a sneaky glance
at some lady’s boobs
just another clown
trying to be a preacher man
always has luck and enough money
for booze and another bunny

HESH & Fran

Listen to God of Bitumen