HESH on kult.ch – The Story of my Tattoos

Photo by Mirko Glaser

The Story of my Tattoos veröffentlicht auf kult.ch

Mein Name ist Heiko Hesh Schramm. Geboren wurde ich am 8. Juni 1971. Einige Monate später, am 24. Oktober des selben Jahres, starb in Paris ein Mann namens George Dyer. Im Bad seines Hotelzimmers kotzte und schiss er sich die Seele aus dem Leib, und am Ende den Leib selbst noch hinterher.

Die Dauer dieses Ringens mit dem Tode blieb im Dunkeln, dem Beteiligten selbst könnte es quälend lange vorgekommen sein. Wohl bekannt hingegen ist, dass zum Zeitpunkt des Todeskampfes von George, der berühmte Maler Francis Bacon im Pariser Grand Palais die Vernissage zu einer umfassenden Retrospektive seines Werkes feierte.

Die Pariser Kunstmeute raste vor Begeisterung, für Bacon war der Abend ein Triumph.

Francis war der Geliebte von George.

Bacon’s Liebesbeziehungen trugen wiederholt, jeweils über die Zeitspanne eines Jahrzehnts, den Namen eines einzigen Mannes. George stand für die 60iger Jahre. Er bevorzugte, so wie ich, die schmalen Schlipse.

So gesehen waren die beiden Ende ‘71 spät dran, andererseits soll Dyer Bacon’s große Liebe gewesen sein.

1973 malte Bacon ein Triptychon: In Memory of George Dyer.

Es zeigt Dyer im Todeskampf.

Die Schatten werden im Verlauf der dreiteiligen Bildreihe zur obsiegenden Fratze des Todes. Die Bilder zeigen die Nacktheit eines Menschen, wenn es keine Chance gibt, ein weiteres Mal, “Oh bitte, zum allerletzten Mal…!”, noch einmal mit dem bisschen Leben davon zu kommen.

Schlimmer noch, man spürt den Hohn des Siegers.

Die Einsamkeit im ultimativ letzten Aufbäumen, kaltschweißig, nass glänzend – auf nackter Haut. …

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Studio B – HESH on Don Winslow

hesh on don winslow

HESH rezensiert Das Kartell von Don Winslow.

Intro

Am 22.05.2015, einem Freitag, erschien in Deutschland die Fortsetzung von Don Winslows großem Roman Tage der Toten, unter dem Namen: Das Kartell.

Am 07.06.2015, einem Sonntag, schrieb der stellvertretende Ressortleiter des Feuilletons der Welt, ein Mann namens Elmar Krekeler, in der Rezension des Buches: “Das Kartell” ist reine Unterhaltung. Und manchmal ertappt man sich dabei, dass man es – so gut es gemeint ist, es ist sogar den unzähligen Journalisten gewidmet, die im Kampf für die Wahrheit ihr Leben ließen – für zynisch hält.

Am 11.07.2015, einem Samstag, entkam einer der mächtigsten Drogenbarone der Welt, Archivaldo Guzmán Loera alias „El Chapo“, aus der Anstalt El Altiplano in der Stadt Almoloya de Juárez im zentralgelegenen Bundesstaat Mexiko. Es handelte sich um seinen zweiten Ausbruch aus einem mexikanischen Hochsicherheitsgefängnis innerhalb eines Jahrzehnts.

Am 01.08. 2015, ebenfalls an einem Samstag, wurde der mexikanische Fotoreporter Rubén Espinosa gefoltert und ermordet aufgefunden — zusammen mit der Menschenrechtsaktivistin Nadia Vera und drei weiteren Frauen.

Freitag, Samstag, Sonntag.

Und wieder beginnt eine Woche für die Unberührten …

1.)

In einem Land mit überdurchschnittlich vielen Rassisten in der Mittelschicht – die sich trotzdem fast ausschließlich von Döner ernähren wenn sie sich mal für “Außer Haus” entscheiden, überrascht es nicht sonderlich, bei McDonalds eine lange Schlange vorzufinden. Schließlich ist hierzulande auch der Antiamerikanismus tief verwurzelt.

Im Rest der Welt, ist McDonalds ziemlich out.

Der amerikanische Schriftsteller Don Winslow läuft seit geraumer Zeit schuldlos Gefahr, das selbe Schicksal zu erleiden.
Todesursache: Veröffentlichungsfrequenzerhöhung bis der Arsch platzt. Alle Bücher, die der Mann geschrieben hat, sind gut. Ganz egal, wann sie eigentlich geschrieben wurden. Das Impressum verrät es: Einige seiner Werke wurden bereits Anfang der Neunziger Jahre erstmals publiziert. Ohne dass sie damals besonders aufgefallen wären …
Die herrliche “Hau-die-Dschihadi’s-weg-!-Brandschrift” namens Vergeltung, geriet vor zwei Jahren dermaßen US-Government-kritisch, dass kein Verleger in den USA den Arsch in der Hode, ich meine natürlich, in der Hose hatte, das Buch herauszubringen. Zum Glück für Mr. Winslow und mich als seinen Leser, ist die deutsche Verlagswelt – zumindest was berühmte amerikanische Autoren angeht – ein Hort ungezügelter Bereitschaft zum Unternehmerrisiko. Das Buch war ein Hochgenuss.

Ich warte schon gespannt auf den allerneuesten Winslow gegen Ende Oktober, vielleicht in Zusammenarbeit mit Lee Child als Co-Autor, in dem Co-Star Jack Reacher als Anführer einer internationalen Einheit von Bodentruppen – unter Verzicht auf jegliche Luftunterstützung – dem IS im Irak und Syrien derart einheizt, dass der sich am Ende der 500 Seiten nur noch schlicht “I” nennen kann, “I” wie Incirlik, weil er umplanen und in der Türkei neu auferstehen muss. Was natürlich den Stoff für eine grandiose Fortsetzung auch dieses Buchprojektes liefern würde – voraussichtlicher Veröffentlichungszeitraum hier allerdings wohl erst Ende März 2016 – selbst Mr. Winslow muss schließlich abwarten was passiert, sollte Herr Erdogan sein großes, stolzes Land vollends vor die Wand fahren …

So viel Spaß wie es macht, es geht auch kürzer: Seit gefühlt jeden dritten Monat ein neuer oder wieder aufgelegter Don Winslow in den Läden dümpelt, war auch bei mir irgendwann die Luft raus.

Um noch einmal auf McDonalds zurückzukommen: Am besten ist der Fraß, wenn du lange nicht dort warst.

2.)

Tage der Toten.

Ganz und gar kein Fast Food.

Das Buch stach im Werkkatalog von Don Winslow schon damals heraus. Auf den ersten Blick klang die Sprache von Winslow leicht wie immer, die Leserin oder der Leser wurden auch diesmal, wie von einem stufenlos verstellbarem Duschkopf, ohne Chancen auf Gegenwehr in den Leitstrahl von Winslow’s süffigem Erzählstil gezogen. Auch die Eigenart des Autors, wie nebenher Fakten zur Geograpie und Geschichte seiner Thematiken zu vermitteln, fütterte gewohnt zuverlässig selbst das TWITTER-versauteste, geistiger Degeneration sowie dem Verlust jeglicher Orthographie gefeite Hirn, mit Informationen von Gehalt. Nur, sozusagen der Lehrstoff in diesem Buch, war eine ganz andere Nummer:

Mexiko. Drogenkrieg. Tausende von Toten. Die den Tagen, von denen im Buch die Rede ist, ihre Namen samt Buchtitel einbrannten. In jedem einzelnen Satz des dicken Wälzers schwang eine unverhohlene Wut die Rute, die damit verbunden Hitze machte das Buch zu einem unsterblichen Werk der Weltliteratur – Tage der Toten gilt als das Krieg und Frieden des 21. Jahrhunderts. In dem wunderbaren Essay in der Süddeutschen Zeitung vom 7. Oktober 2012, verfasst von Tobias Kniebe, beschreibt jener die Wirkung der Figuren in Tage der Toten auf sich:

“Zugleich aber blickt Winslow tiefer in die Seelen seiner Figuren, als ein Reporter das je könnte. Er sucht eine Wahrheit darin und besteht darauf, gerade die schockierendsten Details eben nicht zu erfinden, sondern eins zu eins aus der Wirklichkeit zu übernehmen.”

Das Kartell

Beide Bücher hintereinander, lesen sich wie in einem Stück durchgeschrieben. Ok, du hast 2000 Seiten, mach‘mer zweimal 800 draus, bißchen Schwund gibts ja immer – der Rest ist Marketing. Schönes Bild, aus mehreren Gründen aber Bullshit: Wie im Intro angeklungen, im Falle von Don Winslow verströmt die Marketingstrategie seines Verlags, wenn überhaupt vorhanden, einen welken Geruch, der an den einnehmenden Charme von multiplem Organversagen erinnert.

Auch: Viele der komplexen Handlungsstränge aus den Tagen der Toten, werden im Kartell nicht wieder aufgenommen, stattdesssen wirkt Don Winslow’s Schreibe wie das zunehmend einsame Agieren seines Art Keller: Fiebrig und verbissen.

Und schließlich: Zu dem Zeitpunkt als die Tage der Toten erschienen, lebten viele der Toten im Kartell noch fröhlich unter der Sonne Mexikos und hatten höchstens hin und wieder wässrigen Blähdurchfall von ‘nem fettigen Burrito.

Zum Buch:

Es geht also weiter mit Art Keller, dem Jäger der Top-Narcos, und mit Adan Barrera, dem so sanft auftretenden Erbarmungslosesten unter den Erbarmungslosen.
Die ultimative Chronik des mexikanischen Drogenkriegs nimmt ihren blutigen Lauf: Blende alle persönliche Geschichten und Handlungsstränge aus, und du hast eine klare Aufstellung aller eingegangenen Bündnisse unter den wichtigsten Kartellen, sowie jener unter großem Blutzoll wieder aufgekündgten.

Es fällt schwer über dieses Buch zu reflektieren. Steht alles drin. Den Opfern wird gehuldigt, die Täter haben das Wort bei der Wahl der eingesetzten Mittel, was die Herzen derer, die sie jagen für immer verändert. Die Schuld ist nicht wählerisch, sie bedient sich auf beiden Seiten. Manche der menschlichen Tötungswerkzeuge sind selbst nichts als Opfer, bar jeder Menschlichkeit bleiben sie dennoch Menschen, und werden zu Tätern in der Darkzone.

Darth Vader. Vom Clown bis zum Priester, er lauert in jedem von uns.

Don Winslow hat sein Buch den Journalisten gewidmet, die ihren Mut und ihre Zivilcourage mit ihrem Leben bezahlten. Der Blutzoll unter ihnen ist gewaltig. Besonders schmerzlich und für mich kaum zu ertragen ist, dass – wenn im Buch auch am Extrembeispiel beschrieben – ausgerechnet der anonyme Blog am wehrfähigsten erscheint. Zumindest für den Erhalt des nackten Lebens seiner Betreiber. Weil die offiziell agierenden Presseverteter regelmäßig zum Schweigen gebracht werden. Und kaum noch jemand bereit ist die Dinge offen anszusprechen, wenn ein Großteil der Redaktion bereits bestialisch ermordet unter der Erde verschimmelt.

Was man in all diesen Jahren so hörte und las aus der bunten Narco-welt:

Die meiste Zeit verläuft alles ruhig, kein Wort steht in der Zeitung, es wird richtig Geld verdient.
Bad news are …

Von Zeit zu Zeit dreht ein Narco-Papst, der niemandem erzählen kann, dass er letzte Woche die 100 Millionen Dollar Marke geknackt hat, komplett durch in seinem goldenen Käfig, fängt an zu rasen und will irgendjemandes Blut trinken. Z.B. wenn der nagelneue Flachbildschirm urplötzlich den Geist aufgibt, oder die aufmüpfige Fotze von undankbarer Ehefrau höllisch abnervt mit ihrem Gequengel.

Apropo Frauenhass und perverse Freizeitvergnügen reicher Yuppies aus dem Drogenmilieu: Von 1993 bis 2010 verschwanden in der Gegend um Ciudad Juarez an die 2000 junge Mädchen und Frauen, ihre Leichen wurden in der Wüste verscharrt. Bekannt geworden ist diese Tragödie unter dem Namen Feminizido. Zumindest ein Teil dieser Frauen passen laut Marisela Ortiz von der Organisation Nuestras Hijas de Regreso a Casa (Für die Rückkehr unserer Töchter nach Hause, NHRC) in das Mordschema der Drogenmafia.

Der Rest, ist die dunkle Seite vom Tagesgeschäft:
… abgeschnittene Köpfe, die durch die Restaurants von Ciudad Juárez im Bundesstaat Chihuahua rollen, Priester, Polizisten und Bürgermeister, die ermordet werden, dito Hunderte von Journalisten und diversem Fußvolk, jeder der im Weg steht und noch dessen Brüder und Schwestern und alle Babys und die eine Mutter; nur der Vater überlebt, er verkauft Chicken-Nachos mit Käse und schwarzen Bohnen in El Paso, Texas.

Zurück ins Land der Massenmorde in offiziellen Friedenszeiten und zur Abwechslung einmal brandaktuell: 43 Studenten, welche mit ihren Protesten dem Bügermeister von Iguala, Jose Luis Abarca samt Ehefrau etwas zu sehr auf die Eier- & Stöcke gingen: Allesamt ab auf die Müllkippe und vorher noch flux ein Snuffvideo gedreht. Eine Begegnung mit einer Truppe ZETAs überlebt nur ein ZETA: Alle anderen baumeln von der Brücke und haben keinen Sinn mehr für die Aussicht auf den Highway.

Zurück in die Vergangenheit und einem gigantischen Paukenschlag: Präsident Calderon setzte zur Zerschlagung der Kartelle das Militär im Inland ein.

Wow!

Später kam heraus: nicht zur Zerschlagung aller Kartelle, sondern nur derjenigen, welche einem ganz bestimmten Kartell im Weg standen, welches seinerseits die Regierung samt Militär in der Tasche hatte. Traffic, das Meisterwerk von Steven Soderbergh lässt grüßen, der Film ist 15 Jahre alt.

Also alles nichts neues: die Vernetzung der Mächtigen. Business as usual. Politik, Industrie, organisiertes Verbrechen. Gerade “El Chapo” Guzman’s Story ist exemplarisch: Der große Sohn aus Badiraguato, welcher immer mal im Knast landet und spektakulär wieder ausbricht …, oder heimlich freigelassen wird? Die wahren Bosse mit US-ID, so mächtig, dass niemand ihre Namen kennt, würden es wohl nicht wirklich gern sehen, wenn der Mann in den Staaten zum Kronzeugen würde …

Droht Octavio Paz’s El laberinto de la soledad, sein so gewaltiges Labyrinth der Einsamkeit, heutzutage seine Herrlichkeit zu verlieren und sich in eine Melodie des Schreckens zu verwandeln? Aber nicht doch. Die zynische Wahrheit ist: All die rational nicht mehr fassbare Gewalt, ist nichts als eine überaus rationale Angelegenheit. Sie hilft, ein Klima der Angst zu erzeugen. Und Angst ist schlicht der Hauptgewinn, wenn man anderen Leuten seinen Willen aufzwingen will. Keines der Opfer sollte das allzu persönlich nehmen, zugegeben, nicht ganz einfach, wenn man bereits tot ist. Das besondere, ja mystische Verhältnis der Mexikaner zu Schmerzen bringt gute Boxer hervor. Und das besondere, ja mystische Verhältnis zum Tod, sorgt für eine besonders saftige Augen und Köpfe rollende Variante im Kampf der Herrschenden um die alleinige Macht.

2

Es gibt Leute die sagen, Das Kartell wirke flach, fast kalkuliert. Trotz all der beschriebenen Realitätsnähe würde es eher einem Blockbuster Marke “Stirb langsam” Teil 7, 8, oder 9 ähneln, den kein Mensch mehr sehen will. Es wäre viel zu wenig Abwechslung in den Sujets, nur noch Gemetzel, keine Spur von dem feingewebten Kaleidoskop rund um die Welt aus Tagen der Toten …
Wird ein Mann zu seinem eigenen Anachronismus, wenn er immer weiter schreibt, weil der Kampf niemals aufhört? Beginnt die Welt sich zu langweilen, wenn sie Zeuge der immer gleichen Horrormeldungen wird?

Natürlich.

Diverse Katastrophen sollten sich bitteschön auch voneinander unterscheiden. Solange sie nicht zu nah heranrücken, an meinen Primark-behängten Kadaver, hab ich eh’ festen Stuhlgang, und gebe dir drei bis vier Sekunden. Ab 1000 Toten aufwärts auch mal fünf, mit Katzenbild garniert sogar bis zu sieben, will ja das Bild ‘runterladen, und an Franziska schicken …

Ergeht es also dem fiktiven Drogenfahnder Art Keller nicht anders, als seinem Schöpfer, dem Schriftsteller Don Winslow? Zu verbissen, hatten wir doch schon. Früher warst du cool, alles war so …, so aufregend!

Das Gewinsel diverser Literaturpäpste und fettgefressener Konsumenten übersetzt, lautet die Frage: War eine Fortsetzung von Tage der Toten wirklich notwendig? Und wenn ja, darf es auf jene Art unterhaltsam sein, welche ein Amerikaner zu bieten hat? Eine Gattung Mensch, die der gebildete Europäer verabscheut und für alles Übel in der Welt verantwortlich macht, Omaha Beach ist schließlich echt lange her. Wir gehen gern mal in ‘nen Schwarzenegger, aber huldigen können wir nur einer Herta Müller.

Und plötzlich kommt ein Typ wie Winslow daher – Error.

Es soll dir zu den Ohren ‘raus kommen. Und wenn es danach immer noch weiter geht, BIS DU ES NICHT MEHR AUSHALTEN KANNST, dann wird es vielleicht anfangen weh zu tun. Dein fucking limbisches System ist nichts als eine träge Sau, sie brauch’ immer und immer wieder voll auf die Fresse, bis sie aufwacht. Wenn dir nicht klar ist, ob du zu wenig oder gar zu viel unterhalten wirst, und wenn der Autor das ahnt, weil er deiner Larve samt ausgestelltem Unterkiefer einmal die Woche im WALMART begegnet, dann muss er eben die gestochen scharfen Bilder toter und zerfetzter Kinderkörper noch oben ‘drauf packen.

Embedded press sucks.
Eine smarte Scheißidee der US-Armee, eingeführt nach Vietnam, nicht ohne Grund. Die Bestie will in Ruhe werkeln, die Millionen von protestierenden Studenten, welche damals auf den Marmorstufen vor dem Kapitol herumlungerten, hielt ja keiner aus. Dito der Granit in Moskau, oder die grauen Platten unter den Wolken von Berlin. Back in the rear, with the gear.

Der Schlüsselmoment im Roman kommt ohne jedes Pathos aus:

“‘Das ist kein Spiel’, meint Ana.
‘Nein, das ist Krieg’, erwidert Jimena. “Der Krieg den es immer gab.’ Pablo versteht. Der Krieg zwischen Arm und Reich, zwischen den Mächtigen und den Ohnmächtigen. Die einzige Waffe der Schwachen ist es, die Mächtigen zu beschämen. Wenn sie denn der Scham fähig sind.”

Mit diesem Gedanken leistet sich Mr. Winslow einen seltenen Moment ultimativer Hoffnungslosigkeit. Die Mächtigen geben einen Scheiß auf das Fußfolk. Der amerikanische Finanzhai Warren Buffet schwadroniert: “Natürlich ist es ein Klassenkampf. Und wir sind dabei ihn zu gewinnen.” Nick Hanauer, Milliardär und Amazonmitbegründer, widerspricht: “Ich sehe die Mistgabeln!” Mr. Buffet hat eine kleine Wampe, er sollte besser hinhören …
… oder auch nicht. Es interessiert ihn einen Dreck – Hanauer ist der Außenseiter, nicht er.

Wie gesagt, auch Don Winslow ist Amerikaner: Die guten unter ihnen könnte man als romantische Realisten bezeichnen. Der Mann wird seine Zweifel haben, ob die Scham der Reichen reichen wird, uns vor der Hölle auf Erden zu bewahren.
Genau das ist der Grund, warum er sich und uns dieses Buch antut.

Outro:

What about us?

Wie begegnet man der Tatsache, dass wir in der Externalisierungsgesellschaft letztendlich alle Täter sind, in dem Sinne, dass wir uns der unterlassenen Hilfeleistung und des Schmarotzertums schuldig machen, jeden Tag, mit jeder Panik bzw. Konsumrausch-Attacke, mit jedem beschissenen Plastefussel T- Shirt eines Billig-Discounters, dass unfassbar arme Menschen unter maßlos schlechten Arbeitsbedingungen herzustellen gezwungen sind, dass sie jeden einzelnen Tag heilfroh darüber sind, wenn ihre Textilfabrik mal nicht über ihnen zusammenkracht.

Wir stellen uns kriminellem Handeln nicht entgegen. Den Regierenden, den CEO’s der Konzerne, den Ratingagenturen, die die Geldflüsse kontrollieren, oder dem IWF – der unseren Reichtum erst ermöglicht, weil er armen Ländern weltweit nur dann Kredite gewährt, wenn sie internationalen Konzernen den Zugang zu ihren Ressourcen gewähren, so dass sie förmlich ausbluten. Die Regierungen weltweit sind schwach, oder korrupt. Meist sind sie beides. Abhängig von der Gnade der Lobbyisten, weil sie sich von Leuten Geld leihen, deren Tun sie zum Wohle der Allgemeinheit in die Schranken weisen müssten. Hoheitsaufgaben und die damit verbunden Sicherheits-, Kontroll- und Einnahmemöglichkeiten landen im privaten Sektor. Den militärisch-industriellen Komplex gab es aber nicht nur in der Abdankungsrede von Präsident Eisenhower …

All den Mächtigen, also auch den Drogenbossen, all jenen die im Hintergrund die Fäden ziehen, ermöglichen diese Regierungen – sowie auch wir, die wir sie wählen – erst ihr Tun.
Weil wir schwach und leer, und einfach nicht glücklich zu kriegen sind. Weil wir uns leisten uns einzubilden, dass Kampf-shoppen daran etwas ändern kann. Weil wir alles sofort haben müssen, und anstelle von Geld was wir nicht haben, mit einem bunten Plastekärtchen bezahlen, welches direkt aus der Hölle kommt.

Weil wir uns unbedingt ablenken müssen!
Mit Dauerkonsum, und – mit allen Arten von Drogen. Der weiße Rauch der alten Indianer Nordamerikas wird zum kristallglitzernd betäubenden Rausch für die Sinne, weil wir es ja ansonsten hier unten nicht ertragen. Ein weiteres Allheilmittel klingt vom Namen her abstrakt, aber jeder scheint sich etwas tolles darunter vorstellen zu können: Wachstum. Wir denken: Super, Kaufkraft für mich und dich und unseren süßen Kleinen! In Wahrheit ist dieses Wachstum wohl eher das Wachstum des Reichtums all derer, die uns jene Matrix erschaffen, mit der wir unser Leben aushalten.

“Yep!”, sagt da natürlich auch die mexikanische Drogenmafia: “Wir sind dabei!”

Und eine Drogenbaronin aus Mexiko City raunt Art Keller zu:

“‘Sie wissen wie die Dinge laufen’, sagt sie. ‘Vielleicht dienen wir nicht dem Gemeinwohl, aber wir sind das kleinere Übel.’
Wenn sie mich für so katholisch hält, denkt Keller, müsste sie wissen, dass es für mich kein kleineres Übel gibt, nur das Böse an sich, ohne Abstriche.”

Womit wir zum Schluss den Umgang mit dem Terror streifen, eingedenk des immer blutigeren, immer verbissener geführten Kampfes des Drogenfahnders Art Keller, welcher langsam aber sicher dessen Seele zerstört, und ihn beim Nachdenken über den Preis für diese ganze Scheiße, schier verzweifeln lässt:

Entweder: Auge um Auge, gezielt die Köpfe der Hydra abschlagen, immer und immer wieder. Ups. Die Köpfer köpfen? Sondergesetze! Eine spezielle Rechts-, oder besser Schnellgerichtssprechung! Demokratie? Fuck it, ist doch zu deren Schutz, du Scheißliberaler! Zugeschnitten für Terroristen, Narcos, Mafiosi, und was uns bald sonst noch einfällt …
Oder sagen wir: Das machen wir nicht mit, so wollen wir nicht sein. So weit wollen wir uns nicht verändern. Dann hätten die Drecksäcke, die das World Trade Center in die Luft jagten, ja gewonnen. Terrorismus, Drogenhandel, Viren: Sie entdecken heutzutage ihre Möglichkeiten. Sie agieren global. So oder so, sie kommen. Alle miteinander. Mit einer 747 nach Frankfurt.

Flugzeugabstürze und Terroranschläge sind das ultimative Grauen, aber jährlich kommen mehr Leute im Straßenverkehr zu Tode.
Aber damit nicht genug. Zumindest an der Höhe der Opferzahlen, können wir drehen: Jeder Drohnenmord, erhöht die Zahl der Feinde der Sonne, die über unseren Köpfen scheint. Jeder Namenlose im Jemen hat einen Sohn oder eine Tochter, deren Hass auf uns wir gottverdammt nochmal ernst nehmen sollten.

Von Krieg und Terror einmal abgesehen: Die Menschen, an deren Chancen auf ein Leben in Würde, wir uns mit unserem als selbstverständlich empfundenen, nicht hinterfragten Reichtum versündigen, kommen nun über stürmische See und mit dem Zug aus Budapest. Hallo, Erde! München hat ein Problem! Seehofer wird nicht durchgestellt, Merkel zeigt zum ersten Mal Eier in ihrer Regentschaft, und siehe da, die sind viel größer, und auch nicht so haarig, wie die vom Horst.

Spaß beiseite: Den falschen Flüchtling gibt es nicht. Menschen haben zu allen Zeiten schweren Herzens ihre Heimat auch dann verlassen, wenn zwar das Haus noch stand, sie aber am verhungern waren. So etwas nennt man Völkerwanderung, und die brachten schon so manches Imperium ins Wanken. Wenn es allzu starr war, sogar zum Einsturz. Wir haben die Welt komplett vernetzt. In fast jeder Beziehung.

Nun hängt auch alles miteinander zusammen.
Hatte olle Struck mit seinem verqueren Bild von der “Freiheit Deutschlands, die am Hindukusch verteidigt werde”, am Ende recht? Ein Gedanke der meinen geliebten Vater, wenn er kein so glühender Atheist wäre, auf seine alten Tage noch hinter die dicken Mauern eines Klosters treiben könnte …

Sollten wir uns eines Tages aufmachen, den Gedanken an ein wucherndes Wachstum als Definitum unserer heilen Welt zu korrigieren, indem wir Gesellschaften aufbauen, die einem neuen Zauberwort folgen – und zwar dem der Lebensqualität und der Bewahrung der Würde eines jeden einzelnen Menschen, dann braucht sich auch niemand mehr zuzudröhnen, um über die Runden zu kommen. Den Drogenbossen dieser Welt wäre die Geschäftsgrundlage entzogen, die bärtigen mexikanischen Jungs aus Culiacan würden wieder zu Bauern, wühlten in ihrer Ahnen Erde, huldigten der Lady of Guadalupe und wären am Ende vielleicht sogar ganz glücklich dabei. Wie sagte doch die Mutter eines von den ZETAs getöteten Elitesoldaten zu Keller:

“Arturo – Sie vergelten einen Mord nicht durch Töten – Sie vergelten ihn durch Leben.”

Heiko Hesh Schramm

Zur kompletten Sendung.

STUDIO B – HESH on Andy Weir

aw

Idea, arrangement and photo by Alfred Edward Schramm

HESH rezensiert Der Marsianer von Andy Weir

Intro

Mein Boss schmeißt Pfandflaschen in den Mülleimer, nach langen Tagen im Klamottenladen. Ich liebe ihn dafür, denn ansonsten is’ er eher der Energie-Spar-Lampen-Typ. Herr Falschgold benimmt sich ebenfalls wunderlich: Er schenkt mir den Marsianer, und beklebt die Klappentexte mit einem weißem Papier, an dessen Rückseite ein superspezieller Weltraum-Leim haftet, der bei dem Versuch es wieder abzuziehen, das ganze Buch zerreißt. Keine Panik, Vorhaben sofort eingestellt. Und von dem Buch, welches ER in unserer heutigen Sendung besprechen will, verrät er noch nicht mal den Namen.

Kurz, mit solchen Leuten geht noch was.

Auch: Ich hatte überlegt mich zu pampern, (Windelgröße XXL), als ich vor 2 Monaten, direkt vorm Einfahren ins Hospital – zu einer klitzekleinen OP Namens Fundoplicatio – das neue Buch von James Ellroy, Perfidia, geschenkt bekam. Ebenfalls von Herrn Falschgold.

Nun, es kam anders. Anstatt lustvoller Tröpfchenbildung, eher Wüste Gobi: Ich schaffte, in einem für mich endlos langen sowie schmerzvollem Monat, geschlagene 60 Seiten von Perfidia, empfand jedes Wort als aufgesetztes Geschwätz, und war mir sicher: Du kannst grad kein Buch lesen. Nichts. Geh’ spazieren, spiel’ Gitarre oder an dir selber rum, denn Mr. Ellroy ist ja wohl mit Abstand der HERO deines Lebens, seit du lesen, denken, oder irgendwas kannst …,

… mal abgesehen vom selbsttherapeutischen Wortschwall in The Hilliker Curse – kein Mensch will wissen, welche Vollmeise, oder in diesem Fall, welch obskure Pathologie im Verhältnis zu Frauen, ein für sein Werk verehrter Schriftsteller hat. Wahrscheinlich hat der Mann deutsche Wurzeln, hin und wieder kommen die eben durch …

Anyway, den Marsianer von Andy Weir habe ich dann in drei Tagen, ja was, eingehaucht? Floss die Kehle runter wie ein gutes Vitello Tonnato, scheiß’ auf die künstliche Engstelle am Mageneingang.

Zum Buch:
1.)

Wie es dazu kam, dass ein Astronaut allein auf dem Mars zurückgelassen wurde, bleibt hier unbesprochen.
Was noch alles passiert, und erst recht, wie die ganze Sache am Ende ausgeht, wird auch nicht verraten.
Denn Stress mit Herrn Falschgold, ist in etwa so angenehm, wie wenn ein mit Chrystal vollgepumter Uhu, seine Krallen in deine Kopfhaut reinhackt.

Fest steht: Der Name des Astronauten lautet Mark Watney, und seine Crew, zurück an Bord der Hermes, dem einzigen Raumschiff seiner Klasse, lässt schwer den Kopf hängen. Es scheint ein einsamer Gang zu werden, dieser Heimflug zur Erde. Sie müssen davon ausgehen, dass Mark Whatney tot ist. Die Biodaten seines zerstörten Raumanzugs, waren in diesem Punkt unmissverständlich. Natürlich haben sie alles versucht seine Leiche zu finden, um wenigstens sie mit zurück zur Erde nehmen zu können. Niemand wird zurückgelassen, denn ein Sandsturm auf dem Mars, ist wie Krieg in der Ukraine: sobald Menschen zu schaden kommen, wird es inakzeptabel. Aber, hätten sie noch länger nach ihrem Kameraden gesucht, wäre im Sandsturm auch die Landefähre zerstört worden. Und sie wären alle draufgegangen.

Fest steht weiterhin: Mark Watney lebt. Und ist nun allein. Auf dem Mars. Die nächste planmäßige Mars-Mission ist in ungefähr vier Jahren geplant.
Oder so…

Nur leider nicht in der Gegend, wo seine kleine Bodenstation steht. Sondern zirka 4000 Kilometer weit entfernt, mitten im Schiaparelli-Krater
Immerhin, er verfügt über zwei Marsrover.
Welche dafür ausgelegt sind, ein wenig um die Station zu kurven, um Gesteinsproben zu nehmen.

Hm.
Food?
Äh, ich meine: Nahrungsmittelvorräte?
Reichen für ungefähr 100 Tage …

Ah ja.
Also allet eher Apollo.
Nix is’ mit Star Wars.

2.)
Mark Watney, sieht aus wie der US-Filmstar Matt Damon.
Passt wunderbar, denn zufälliger Weise hat Matt Damon, die Hauptrolle in der Verfilmung des Buches übernommen. So muss sich niemand umgewöhnen.

Und ganz hush-hush-Hesh: Einige Verschwörungstheoretiker wollen mittels schlampig zusammengepanschter Filmchen sogar beweisen können, dass Matt und sein Team, jene NASA Hallen als Kullissen für den Dreh benutzen wollten, in denen im letzten Jahrhundert Neil Armstrong den Mond betrat. Dabei weiß jeder Idiot, dass der Mars eine völlig andere Bodenbeschaffenheit hat, als der Mond.

Sowas.
Na Heshie, kommste in die Gänge?

Is’ halt nich ganz einfach, mal wieder über ein Buch zu schreiben, von dessen Inhalt man wenig, bis gar nichts preisgeben will. Und zwar, weil ich will, dass du, genau: du, das Buch selber verschlingen kannst! So wie, sagen wir mal, eine Urlaubsbekanntschaft. Zauberworte wären hier: Neu. Anders. Überraschung! And a loootta fun …. Wenn die Dame dabei nicht schwanger wird, gibts nicht mal Stress. Gut, jetzt isset’ raus: Hesh sitzt im Freibad Mockritz, weil- leider keene Kohle …
… für Kuba.

Was ihr hingegen ruhig wissen könnt:
Mark, unser einsamer Mars-Astronaut, hat so ungefähr eine Zillion Probleme zu lösen. Jedes einzelne davon ist, nicht potentiell, sondern richtig fett – lebensgefährlich.

Ein tödlicher Fehler darf aber, zumindest zu Anfang, einfach nicht passieren. Wer würde wohl schlappe 400 Seiten weiterlesen, über, “den Mann auf dem Mond”, äh Mars…, wenn der Hauptheld auf Seite 12, am Tag 5 der Mission, aufgrund einer lästigen Mondstauballergie (arrgh, ick geb’s auf…) potzblitz erstickt wäre, und der Rest des Buches nur noch verwackelte Bilder von der Marssonde Pathfinder zum Thema hätte? What? Pathfinder hat schon vor Jahren den Geist aufgegeben? Gut, die restlichen 380 Buchseiten wären also weiss, genau wie die Mondoberfläche …

Mein Dad früher, wenn klein Heshie nach 10 Minuten Spartakus gucken winselte:
“ Stirbt der Kirk jetz’?”
“Jetzt schon, Sohn? Da wär ja jetzt schon der Film zu Ende, Hö, Hö, Hö …!”

Also, ein paar seiner Probleme in seinem neuen fulltime job, genannt:
“Überleben auf dem Mars, sowie: herumreisen auf dem Mars und dabei möglichst auch noch zu überleben …”

… wird der liebe Mark schon lösen müssen, denn Short Storys verkaufen sich zäh bis gar nicht mehr, und seit Stand by me von Mr. King basiert erst Recht kein Hollywood-Film auf ihnen.
Und was würde dann bitteschön, aus Matt D., und dem lustigen Trailer auf YouTube?
Ok, Mr. Ridley Scott würde sicher wieder mal einen neuen, alten – oder alten, neuen – Kriegsfilm drehen.

Ist eh alles Sand, wo keine Erde ist.
Staub und Sand.
Ob auf Mars und Mond, oder in Afghanistan.

Jedenfalls:

Matt…, nein, Mark, ist Botaniker.
Humorvoller Typ.
Gelassen. Siehe auch: Mentale Stärke, wie olle Bierhoff das “sprechblasieren” würde … (zur Erklärung: Oliver Bierhoff – Mitglied im Stab der deutschen Nationalmannschaft, ohne näher gekennzeichneten Aufgabenbereich. Der Verf.)
Zurück zu Marky: Er ist klug, pfiffig und smart.
Ohne dabei zu nerven. ( Is’ zwar außer ihm eh’ keiner da, uff’m Mars, aber trotzdem …, UNS unterhält er prächtig …) Und zum Schluss, und extrem wichtig:

Mr. Watney, ist ein waschechter Ami.
Einer von der Sorte, die selbst in der ausweglosesten Situation immer straight, weiter nach vorn geht. Er gibt niemals nicht auf, das Spiel, weil, letzten Endes, ist das ganze Leben doch auch nichts anderes-

als ein Spiel.
Oder?

Manchmal schmeißt’s mich, vor lauter selbstauferlegtem Nachempfinden, (HALLO?, gibts ein Wort für deinen Blattsalat?), also, vor lauter Empathie für das Schicksal von Mr. Watney, lande ich bisweilen in der Schmollecke, z.b. wenn der Mann – nach einer kleinen Explosion seiner Bodenstation, und mit nichts als seinem Raumanzug zwischen sich und der Unendlichkeit des Universums – nichts besseres zu tun hat, als seine Panik mit ‘nem coolen Joke zu neutralisieren und im nächsten Moment bereits verschiedene Lösungen des, oder der, natürlich höllisch komplexen Probleme durchgeht.

Seit ihr Amerikaner wirklich so anders?
Maybe.
Cool.
On the other hand, it scares me in a way

Na ja, ein weites Feld. Womit wir bei Effi Briest wären. Und diesem anderen Roman: Werner Holt. Das eine Buch kotzlangweilig, das andere brandgefährlich, für die Seelen kleiner Jungs die gerne Krieg spielen.
Keine Wahl: Denn das war sie in etwa: die Schulbuch-Pflichtlektüre im Osten.
Immer wieder ein gutes Gefühl zu wissen, dass die Ex-SED Kader, in ihren einstöckigen Villen in weiß mit Holz-Umantelung, so schön am Stadtrand gelegen in all dem herrlichen Grün, hoffentlich bald alle miteinander verrottet sind …

Zur Roten Zora von Kurt Held, oder, dem Totenschiff von B. Traven, hätten die mich nicht zwingen müssen. Aber da gehts ja auch um die Freiheit, und darum, wie es sich anfühlt, wenn sie dir genommen wird.

Det ging natürlich nun nich’.

Für Ein plötzlicher Todesfall von J.K. Rowling hätte ich den Bonzen allerdings bereitwillig den Wartburg gewachst, und für Den Marsianer von Andy Weir, wäre ich sogar in die Partei eingetreten.

Auf der Stelle.
Es ist das Super-Duper-Schulbuch schlechthin.
Die Sendung mit der Maus meets Science Fiction: Sach- und Sozialkunde in 3D.
Voller deftiger und zugleich subtiler Erotik für Kids deren Säfte gerade erwachen, ganz ohne zu belehren oder gar zu missionieren erzählt diese Buch, was im ganzen Universum gilt, außer vielleicht hinterm Mond:
Lern was, streng dich an, irgendwann lohnt sich das, oder besser: du wirst es brauchen, denn manchmal wirds echt nicht anders gehen, Mann!

Darüber hinaus, macht diese Auffassung bei dem einzelnen Individuum nicht halt: Auch innerhalb einer Organisation, im Buch ist es die NASA, die amerikanische Raumfahrtbehörde: kann nur der Mut zum Risiko, die seelische Immunität bei Rückschlägen, sowie, nennen wir es mal: eine mehr als lebhafte Debatten-Kultur, zum Erfolg führen.
Womit wir bei den involvierten, in diesem Falle, so stolzen Nationen wären: Den USA, na klar, und der Volksrepublik China.

Und siehe da: Es geht. Vorurteile zerbröseln, Prestige-Projekte werden hinten angestellt: Mark Watney wird zum Ehrenbürger, nicht seines Heimatlandes, oder der gesamten westlichen Hemisphäre, nein – der ganzen Erde.

3.)
Am Schluss die Frage:
Was hätte ich in so einer Situation gemacht?
Ich meine, nach dem Blähdurchfall …

Mich gefreut, dass die schlimmste Gefahr für Leib und Leben, der Mensch – in all seinen Extrempositionen, vom Nazipansen aus Gorbitz und Freital, über den IS – zur Zeit noch – in Syrien und dem Irak, bis hin zum Sinaloa-Kartell in Mexiko – hier oben, nicht an mich ran kommt?

Dass ick endlich mal so richtig sicher bin, allein auf dem Mars?

Keine Umweltkatastrophen, Kriege, Anrufe von Ex-Frauen inklusive Unterhaltsforderungen, oder dieses flaue Gefühl beim Öffnen von Briefumschlägen, welche heutzutage eh nur noch besonders saftige Rechnungen umkuscheln. Und, was bitte schön, ginge mich hier das Gesülze der Grünen von der Erderwärmung an?

Oder hätte ich Sehnsucht? Nach all dem Pack, allen voran, nach Fran? Na sicher doch. Oh Baby …!
Was mir wirklich durch den Kopf schoss, ist schnell erzählt:
Du würdest es nicht packen.
Warum nicht?

Komm, lass mal sehen, was du drauf hast:
Wissen, siehe auch: umfassende Bildung
Könnte besser sein. Gefährliches Halbwissen ist Volksport, I’m in the rear with the gear…

Mut
Na eher Wut.

Mentale Stärke
Wenn’s ‘drauf ankommt, ja. Im Räderwerk des Alltags: eher dünne…

Leidensfähigkeit
Ups – Ganz gut.

Durchhaltevermögen
Null.

So wäre ich in die Geschichsbücher eingegangen. Der erste Tote auf dem Mars: ein Ex-DDR Bürger, aus dem Kernland des Döners: Sachsen.

Spaß beiseite,
Leseempfehlung: 100%

Heiko “Hesh” Schramm

Zur kompletten Sendung.

No Answer Under 666

no answer

No Answer Under 666

In the honeybee state
of collective understanding
all communication belongs
to one company

Everyone is being reduced
to a multiple-choice identity

The wisdom of the many
the meta-brain of the human race
is mashing everything
into a global sludge
of information

Cyber-bullying waits and hunts us all
no deed is ever forgotten
the net will forget nothing

The world is becoming abstract
money is withdrawn
but nothing is created

Advertising
the devilish hub of our civilisation
is reversing the course
of cultural development

Never before
has the restless crowd of evil
hunted
with so much vigour
through the network

A pack
like dogs
driven by the base instinct of denunciation
controlled
by the lords of the digital clouds
by Google
and the silent hedge funds

The world is following you
on your hellish trip
well prepared
for
World War III

And
no-one
ever
picks up the phone
when you dial
666

HESH

Keine Antwort unter 666

Im Bienenstaat
des kollektiven Verstehens
gehört jegliche Kommunikation
einem einzigen
Unternehmen

Jeder reduziert sich
auf eine beliebige Idendität
seiner Wahl

Die Weisheit all der Vielen
das Meta-Gehirn der menschlichen Rasse
matscht alles zusammen
zu einem einzigen globalen
Informationsbrei

Cyber-mobbing wartet darauf, uns alle zu jagen
nichts wird je vergeben –
das Netz vergisst niemals.

Die Welt wird abstrakter
Geld wird abgehoben –
aber nichts entsteht damit

Werbung –
der teuflische Mittelpunkt unserer Zivilisation
dreht den Kurs –
unserer kulturellen Entwicklung wieder um

Niemals zuvor
jagte das rastlose Böse
so energisch durch’s
Netz

Ein Rudel
wie Hunde –
getrieben vom Urinstinkt
der Denunziation.
Gelenkt von
den Meistern der digitalen Cloud –
bei Google
und den stillen Hedgefonds.

Die Welt folgt dir auf deinem Höllentrip
gut gerüstet –
für den
Dritten Weltkrieg

Und keiner
nimmt jemals
den Hörer ab –
wenn du
666 wählst

HESH

Listen to No Answer Under 666

Studio B – Hesh on Edward St Aubyn

 hesh on st aubyn

HESH rezensiert Schlechte Neuigkeiten von Edward St Aubyn

 

Beginnen wir mit einer schlechten Nachricht, dann haben wir das hinter uns:

In den Klappentexten der ersten drei Bücher der Romanserie um Patrick Melrose wird unverhohlen auf die Problematik der Pädophilie hingerwiesen. Dies treibt den Gruselfaktor in die Höhe – ein allseits beliebter Trick zur Verkaufsförderung. Der Mitarbeiter der Redaktion des Verlages hat alles richtig gemacht. Dass der Fokus auf dieses Thema den Leser quasi voreinstellt, sowie dessen Blick auf eine vielschichtige Lektüre einengen wird – drauf geschissen, das Leben ist für alle hart. In einer gerechten Welt würde die Leuchte, die das verzapft hat, in der Putzkollonne verrotten.
Der Schaden ist angerichtet, und so erklärt sich der Einstieg.

1.) Zum Buch:

Eine pädophile Präferenz zu haben, kann passieren. Es gibt Menschen die von sich selbst wissen, dass sie scharf darauf sind, sexuelle Handlungen an Kindern zu begehen. Darunter befinden sich auch die Eltern potentieller Opfer. Entweder, man verfügt über  Unrechtsbewusstsein und begibt sich in Therapie, geht den schweren Weg des Outings, um einem Anvertraute, Schutzbefohlene, vor dem eigenen Selbst zu schützen. Oder aber, man lebt seine Neigung aus und zerstört die Familie inklusive der Seelen aller Beteiligten. Unter den Pfaffen gibt es da eine lange Tradition – kunstvoll wurde und wird seit Jahrhunderten unter den Teppich gekehrt, wenn Papi seine Nächstenliebe allzu wörtlich nimmt. Nicht wenige in ihrer Jugend solcherart beglückte Menschen schlagen einen künstlerischen Weg ein, malen oder schreiben verzweifelt gegen den Schmerz in ihren Herzen an. Manche von ihnen enden als Vegetarier und Impfgegner völlig mittelos in Berlin, andere wiederum versuchen sich mittels Drogen auf Raten umzubringen, bekommen sich wider Erwarten irgendwann auf die Reihe, überleben, und werden sogar berühmt. Womit wir bei Edward St Aubyn wären, dem Autor von Schlechte Neuigkeiten, dem Band 2 seiner Saga um Patrick Melrose, um den es hier geht.

Kaum haben wir den Bucheinband hinter uns, schon wird’s kompliziert: Patrick’s Vater David ist, oder besser war, nicht eindeutig pädophil veranlagt. Er bringt im ersten Buch Schöne Verhältnisse, Patrick’s Mutter Eleanor unter anderem dazu, wie ein Hund vom Boden zu essen, beleidigt und erniedrigt permanent die Gäste seines Hauses, meuchelt ganze Ameisenvölker im Garten mittels Wasser Marsch! aus dem Gartenschlauch, und, ja, er vergewaltigt auch seinen kleinen Jungen auf barbarische Weise – aber alles was er tut, geht für ein und die selbe Sache drauf – dem Kick an der brutalen Unterwerfung seiner gesamten Umgebung. Das Quälen aller lebender Kreaturen, derer er habhaft werden kann, ist das einzig wirksame Sedativum gegen David’s überbordenden Menschen- und Lebensekel – es ist sozusagen, seine Mission auf Erden. Mit diesbezüglichen Details ist Buch 1 mit Sicherheit ein Augenschmauß, Hesh ist jedoch vergönnt, den mittlerweile 22-jährigen, begüterten Junkie Patrick Melrose in Band 2 auf einen Kurztrip nach Manhattan zu begleiten.

David, der Vater, ist nun endlich mausetot. Er liegt in Form von Staub das ganze Buch über in einer Urne, was ihn aber nicht daran hindert, weiterhin über die Maßen dominant aufzutreten, und zwar Dank seines komplett abgefuckten Arschlochs von Sohn.

Patrick fliegt nach New York City, um die Asche seines Vaters heim zu holen. Vom Hinflug an, beginnend mit einem Geschäftsmann namens Earl Hammer, bis hin zur letzten Nacht im Hotel, welche er mit einer Frau namens Rachel verbringt, findet Mr. Melrose alles und fast jeden Menschen, der ihm über den Weg läuft, zu 110% Scheiße.

Essen und Wein, der Sex und die Babys – siehe auch: Die Liebe, desweiteren die Kriegsspiele der kleinen und der großen Jungs, und schlussendlich, die Erhabenheit der Kunst – das wäre mal so über den Daumen samt Fingernagelgeknaupel, was die Welt so zu bieten hat.

Wenn hingegen der junge Mr. Melrose im Warenkatalog des Planeten Erde herumblättert, fängt er nach kürzester Zeit an zu rasen vor Wut. Als er zwischendurch methodisch beschreiben darf, wie er sich seine Drogen beschafft und, sozusagen, einen Beipackzettel herunterzitiert, für welche speziellen Stimmungen bestimmte Arten von Rauschmitteln einzusetzen sind, da beruhigt sich das Buch auf wundersame Weise. Was allerdings nicht lange so bleibt, denn Patrick kaut, frisch vom Rausch gestärkt, sofort wieder besessen die mannigfaltigen Vorstellungen seiner Erlösung durch: Er will pausenlos und einfach so – endlich sterben. Aber egal wie sehr er sich abschießt, er bleibt immer, voll beschissen – am Leben. Und so räsoniert er nahezu auf jeder Seite des Buches darüber, den feierlichen Anlass – sprich den Tod des vehassten Vaters – gebührend würdigen zu wollen, und zwar, indem er sich ausmalt, mit den Drogen ab sofort, (siehe auch: Günther Schabowski), oder eventuell doch erst ab morgen, dann aber für immer und ein für alle mal: Schluss zu machen. Aber wo sollte so ein Schritt nur hinführen? Allein der Gedanke daran, beziehungsweise an etwas, was er sich nicht vorstellen kann, macht ihn völlig fertig …

Abgerundet wird das Höllenspektakel noch durch zwei Personen, welche Patrick nicht völlig egal sind. Mit einer davon, kommt er sogar richtig prima aus, nämlich, ups, seinem Lieblingsdealer Pierre, welcher seinerseits einmal acht Jahre in einer Irrenanstalt lebte, in der Annahme, er sei ein Ei. Bis er einfach aufstand, sich anzog und nach Hause ging. Weil er nämlich, äh, urplötzlich genug davon hatte, ein Ei zu sein. Pierre ist selbst sein bester Kunde und lebt nach strengem Ritus: Zweieinhalb Tage am Stück ist er wach. In dieser Zeit ist er erreichbar und verkauft seine Drogen, dann setzt er sich einen großen Schuss Heroin und schläft 18 Stunden lang durch. Patrick findet ihn spitze, solange der Mann ans Telefon geht.

Die zweite Person, eine junge Dame namens Marianne, lässt unseren charmanten Heroin-Hero eiskalt abblitzen. Sie durchschaut ihn:  Patrick will sie unbedingt vögeln, siehe auch, besitzen, was für den Leser insofern bemerkenswert ist, weil Mr. Melrose zumindest einmal im Buch, irgendetwas anderes will, als sich mit Heroin abzuschießen und sarkastisch durch die Gegend zu giften.

Weiter über diese Pfeife herzuziehen, delegiert Hesh jetzt nicht einfach weiter mit dem folgenden Zitat von Marianne, nein, ganz Gentleman, lässt er lediglich der Dame den Vortritt:

“Gott, dachte Marianne, warum hatte sie sich darauf eingelassen, mit diesem Typen essen zu gehen? Er las die Speisekarte, als ob er von einer hohen Brücke in eine Schlucht starrte. Der Abend würde wohl eine ziemlich mühsame Angelegenheit werden. Patrick befand sich in einem geifernden Zustand zwischen Hass und Begierde. Da konnte man fast Schuldgefühle bekommen, dass man so anziehend war.”

Und weiter heißt es:

“Der Veränderungseifer, den Patrick in ihr auslöste, würde praktisch auf ein Flächenbombardement hinauslaufen. Seine Augenschlitze, die aufgeworfenen Lippen, diese arrogante Art, wie er die eine Augenbraue krümmte, seine gebeugte, fast embryonale Körperhaltung, das bescheuerte selbstzerstörerische Melodram seines Lebens – das könnte man doch alles fröhlich entbehren? Aber was bliebe dann noch übrig, wenn man sich all dieser Scheußlichkeiten entledigte? Es war, als versuchte man sich ein Brot ohne Teig vorzustellen.”

Abschließend stellt Marianne bitter fest:

“Das lästige daran, etwas zu tun, was man nicht tun wollte, war, das einem all die Dinge bewusst wurden, die man anstelle dessen hätte tun sollen.”  

Great Job, David, warst ein toller Papa … oder ist man, oder besser Patrick, irgendwann im Leben einmal selbst dafür verantwortlich, zumindest etwas besser drauf zu kommen? Auch David hatte einen Vater. Und der … und so weiter.

Edward St Aubyn dazu im Interview:
“Letztlich haben wir es bei meinem Vater mit jemandem zu tun, der so geworden ist, wie er behandelt wurde.“

Was wissen wir eigentlich über Herrn Putin’s Daddy?
Weiter … achso, nee, das war’s in etwa, was den Inhalt des Buches angeht.

2.) Patrick Melrose, feat. Edward St Aubyn –  oder umgekehrt?

Wäre diese schwer verdauliche Story noch größere Kunst, wenn Edward St Aubyn hier nicht seine eigene beschissene Jugend veröffentlicht, sondern wenn er sich alles nur ausgedacht hätte? Nach einer behüteten Jugend irgendwo in Mittel-England? Bullshit. Klar, jeder Idiot kann ein paar winselige Liebes-Schmonzetten auf der Wandergitarre zusammennölen, wenn die Katrin weg von ihm und weg aus Friedrichroda nach Berlin abgehauen ist, um sich nun für das durchlittene Tal der Langeweile an der ganzen Nation zu rächen, indem sie Karriere bei den GRÜNEN macht.

Mr. St Aubyn dagegen hat einen Kampf ausgetragen. Er hat sich, von was auch immer getrieben, mit den Dämonen seiner Familiengeschichte auseinandergesetzt. Wenn er sich das angetan haben sollte, um sich danach freier zu fühlen, so hoffe ich von Herzen für ihn, dass die Rechnung aufgegangen ist. Geld hat er genug, an einem Diskurs ist er nicht interessiert, Starallüren sind ihm auch egal.
Es war wohl notwendig.

Diese Geschichte, konnte nur er erzählen. Das Thema jedoch, ist ein Universelles, wenn auch bei den meisten Leuten deutlich weniger dramatisch angelegt: Wie gehe ich meinen eigenen Weg? Und was mache ich mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken, in den jemand einmal meinen Namen eingestickt hat, vor langer, langer Zeit?

Was im Buch anrührt – wenn man nicht gerade mal wieder kotzen muss, oder ins Bad rennt um den Eimer auszuleeren – ist, wie leidenschaftlich Patrick seinen Vater hasst, aber eben auch liebt. Weil er sich in ihm wiedererkennt, oder anders gesagt, weil er das Gefühl hat, das Wesen seines Vaters zu verstehen, und ihm dadurch, ob er will oder nicht, sehr nahe kommt. Ausgerechnet wegen seines Vaters fühlt er sich nicht völlig allein auf dieser Welt. Kaufen kann er sich dafür aber nur eine weitere prallgefüllte Tüte voller Selbsthass. Auf der anderen Seite, ist er sich so gut wie sicher, dass vielleicht niemand sonst ihn je verstehen wird, und wenn doch, ob er das  überhaupt will. Denn das würde bedeuten, wieder … verwundbar zu werden. Sich einzulassen. Und vor allem, den Nerv dazu zu haben. Er kann niemandem zuhören, kein Buch zu Ende lesen, keinen Film zu Ende sehen. Patrick Melrose zu sein, heißt: Das Wesen der Ruhelosigkeit zu leben. Wie eine Achterbahn die niemals anhält. 24 Stunden am Tag obsessiven Ekel über alles und jeden frequentierend. Nur das Heroin weiß um die Gnade, nach der er fleht – in Form einer kurzen Pause im Atomwaffenprogramm seines Hirns.

Wer bestimmt eigentlich, wie und auf welche Weise, und unter Einsatz welcher Gesten und Hilfsmittel ein Mensch versucht, Tag für Tag für Tag mit seiner inneren Verzweiflung in den Infight zu gehen?

Unerheblich dabei, ob eine (allzu) zarte Seele auf die, (definitiv) ziemlich abgefuckte Scheißwelt trifft, oder, ob jemand aus konkret erlittenem Unrecht heraus, am Leben verzweifelt. Es gibt einen Kanon, eine Art Katalog an Gesten, auf den sich die Gesellschaft mehr oder weniger geeinigt hat. Sagen wir, zwei bis vier für Hunger oder Durst, fünf für “Komma her” , oder wahlweise, “Geh weg”, dann noch einige wenige, welche speziell den Frauen, den Homosexuellen und allen Fahrradfahrern zur Verfügung stehen, für: “Nein, wir landen – jetzt, heute, nie – jedenfalls nicht zusammen in der Kiste!” Oder aber: “Vielleicht wird’s ja doch was mit uns, aber versauen kannst du’s noch jederzeit!” Das restliche Ampel-Frauchen & -Männchengehampel geht drauf für: “Ich muss mal dringend, irgendwo draußen, wo kein Klo in der Nähe ist”.

Dann ist ZICK.
Ende.

Irgendetwas richtig Krasses? Erlitten, durchlebt, wieder ausgekotzt? Ein wildes Tier, was dir von innen mitten durch die Visage bricht und sich seinen eigenen Ausdruck sucht?  Das aufgeregte Rudern dünner Ärmchen im Wind? Hey, da trägt einer den Thousand-Yard Stare mit sich herum, während Kinder in der Nähe spielen! Oder gar ein Schreien, Wüten oder Toben – mitten in unserer Stadt, in der doch noch Frieden ist, wo wir eigentlich gerade entspannt shoppen gehen wollten …?

Nee, nee, nee, nee, nee – Stop!
Ups, schnell ist’s vorrüber, die Polizei haut dir’n Gummiknüppel drüber …

Alles aus dem Rahmen fallende erhöht den hysterischen Angstpegel der Human Society, gilt augenblicklich als Sicherheitsrisiko, und wird in die Anstalt verbracht.

Wir freuen uns also für Patrick, dass er: a.) reich ist, also das Geld für Drogen hat. Und b.), dass er die Wirkungsweise von Heroin auf die Psyche überhaupt irgendwann entdeckt hat. In den Neunzigern, zu Technozeiten, wäre er vielleicht ahnungslos an Crystal Meth verreckt oder irgendwo durchgedreht, Rest: siehe oben.

Edward St. Aubyn dazu:

“Heroin zählt zu den Dingen, mit denen man Gefühle und Erinnerungen ausschalten kann. Ohne Heroin hätte ich mich umgebracht, denke ich.”

Wie wär’s denn mit abstumpfen?, Also, das wird ja auch empfohlen. In feineren Kreisen nennt man das seit der Frühindustrialisierung Gelassenheit, wohlwissend, dass das in der westlichen Welt kaum ein Mensch je hinbekam. Siehe da, und so ward der Zynismus geboren.

Gestern bei Starbucks die schöne blonde Barrista-Lady – äh, wie hängt man hier das –in dran: Barristin? Jedenfalls meinte sie bitter, mit Verweis auf einen angestrebten Jobwechsel: “Man stumpft doch ab”. Blond, wunderschön, und noch keine 30. Trotzdem sah sie merkwürdig welk aus, bei diesen Worten. Das kann’s also auch nicht sein – is’ schlecht fürs Bindegewebe.

Auch Patrick sieht in Schlechte Neuigkeiten so herausragend scheiße aus, wie er sich die ganze Zeit über benimmt. Während des Lesens wünscht man ihm manchmal von Herzen seinen goldenen Schuss, damit alle seine Wünsche auf eins in Erfüllung gehen, und man selbst seine Ruhe hat. Während Hesh diesen ketzerischen Gedanken genießt, hält er den Autor Edward St Aubyn trotzdem für ein Genie. Der Mann soll seinen Seelenfrieden finden, egal ob nur noch Grütze von ihm kommen sollte, wenn dieses Mammutwerk einmal abgeschlossen ist. Angeblich soll der vor einiger Zeit erschienene sechste Band ja der letzte sein. Will sagen, Literatur ist auch nicht alles im Leben. Die köstlich anstrengenden Bücher von Mr. St Aubyn sind zu empfehlen – vor allem Leuten, welche man insgeheim für ihre Fähigkeiten bewundert, die man aber eigentlich gar nicht leiden kann …

3.) Ein Nachtrag in Sachen Sprache

Companion to success,
Companion to literary devices…,
Oder auch:

Wie wär’s mit einem neuen Handbuch für sprachliche Stilmittel? Metaphern, Idiome, Aphorismen, Abhandlungen oder aber: Vergleiche, Vergleiche, Vergleiche, Vergleiche, Vergleiche usw. – Vergleiche, welche so nur Edward St Aubyn einfallen können.
Man genießt sie, bewundert sie, ermüdet an ihnen, bis sie einen irgendwann ankotzen.

Oma Schramm zum 12. Geburtstag von Heshie. Sechs hitzebeständige, braunweiß gesprenkelte Backformen voller Würzfleisch mit Käse überbacken. Das Projekt: Sich einmal im Leben, so richtig daran satt futtern. Dreie hatter dann mit Ach und Krach geschafft …
Nur mal so als Vergleich.

WIE WIE WIE – meine Lieblingsvergleiche, hier erbarmungslos aus dem Kontext gerissen:

“Und all die vereinzelten Gedanken schnellten zusammen WIE lose Eisenspäne, wenn man einen Magneten darüberhält und er sie zur Form einer Rose zusammenzieht.”

“Heroin landete behaglich schnurrend auf seiner Schädelbasis und wand sich dunkel um sein Nervensystem, WIE eine schwarze Katze, die es sich auf ihrem Lieblingskissen gemütlich macht.”

Und der Ultimative überhaupt:

“Ein Bad ohne Drink, das war wie – wie ein Bad ohne Drink. Wozu sich verkünsteln oder Vergleiche finden?”

Genau.

Mr. St Aubyn ist wohl auch aufgefallen, dass es bisweilen etwas zu viel des Guten sein könnte. Glücklicherweise schert er sich aber herzlich wenig darum, schließlich fallen dem Mann die besten Bilder ein, die Heshie je gelesen hat. Letzterer ist auf jedes einzelne davon höllisch neidisch, auch wenn sie ihm in der Summe auf den Beutel gehen. Womit der Rezipient den Beweis antritt, dass auch ein Dresdner eine in sich zerrissene, multiple Persönlichkeit …, und / oder so dämlich sein kann, sich freiwillig als Narziss zu outen, siehe auch: Wenn ein Narzist sich selbstkritisch gibt, so ist das Tagesgeschäft, d.h. er ringt um Anerkennung, die Pulsfrequenz nur leicht erhöht, so wie immer …

Wieder zurück zu Mr. St Aubyn – dieser lässt Patrick einmal, vielleicht  vorsichtshalber, räsonieren:

“Vielleicht schoben Vergleiche dieselbe Idee nur schwach verschleiert hin und her, um den Eindruck eines fruchtbaren Handels zu erwecken. Sir Sampson Legend war der einzige ehrliche Freier, der je die Frauen gelobt hatte. ‘Reichen Sie mir ihre Hand, Fremde, ich will sie küssen; sie ist so warm und weich – weich wie was? Ganz wie die andere Hand, Fremde.’ Das war doch mal ein akkurater Vergleich. Die tragische Beschränkungen des Vergleichens. Das Blei im Herzen der Feldlerche. Die enttäuschende Krümmung des Raumes. Das Verhängnis der Zeit.”

Warum also so viel davon?
Nun, ansonsten passiert ja nicht viel. Wie auch, wenn man wie Patrick in der Verweigerungsfalle steckt:

“Natürlich konnte er noch immer auf die Party gehen, zu der Anne ihn eingeladen hatte, aber er wusste, dass er das nicht tun würde. Warum verweigerte er sich immer? Weigerte sich mitzumachen. Weigerte sich einzustimmen. Weigerte sich zu verzeihen. Sobald es zu spät war, würde er sich danach sehnen, auf diese Party gegangen zu sein. Er sah auf die Uhr. Erst halb Zehn. Der Zeitpunkt war noch nicht gekommen, aber sobald es so weit war, würde sein Verweigern in Bedauern umschlagen. Er konnte sich sogar vorstellen eine Frau zu lieben, vorausgesetzt, dass er sie zunächst verloren hatte.”

Echte Teilhabe verweigert der junge Melrose, seine Distanz zu den Dingen verschafft ihm jedoch eine manchmal bemerkenswerte geistige Klarheit:

“Wenn der Geist wie eine Kasse funktioniert, ist alles, was da herauskommt, zwangsläufig billig.”

Touché.

Im Morast der Armut, im Lebenskampf des Normalo-Mungo’s, muss man sich solch klare Gedanken, konträre Positionen, oder das viel beschworene  “einfach Darüberstehen” oft verkneifen, um schlicht – zu funktionieren. Siehe auch: Um was zu fressen zu haben. Das kann für verkorkste Seelen durchaus eine Gnade sein, Arbeit soll bekanntlich     frei machen, aber man kann dabei auch leicht zum Zombie werden. Der Verweis auf die in diesem Zusammenhang oft erwähnte sprichwörtliche Gelassenheit, hält einer Tiefenprüfung selten stand: Es verbirgt sich allzu oft Abstumpfung (s.o.), Ermüdung oder Resignation dahinter. Sofern noch ein Rest Wut vorhanden ist im HORST, und gerade kein Bahnhofsneubau oder Brückenprojekt zusammenschweißt,  dann rennt er eben montags wie wild durch DD. Die GEZ, alle Ausländer und die da, die da Oben …, det zieht immer!

Und Patrick? Den interessiert sowas einen Scheiß. Er leidet lieber wie ein Vieh unter Erkenntnissen, die er sich nun mal leisten kann:

“Wie konnte er sich denkend des Problems entledigen, wenn das Problem darin bestand, wie er dachte?”

Oder:

“Ich habe die ganze Nacht nachgedacht”, – wenn man das Denken nennen kann -, darüber, ob Ideen durch das beständige Bedürfnis zu reden entstehen, das gelegentlich durch die lähmende Gegenwart anderer Menschen erleichtert wird, oder ob wir im Reden einfach nur das äußern, was wir zuvor schon gedacht haben.”

Oder ganz, ganz fein zum Schluss:

“Er hegte (überdies) die (entgegengesetzte) Fantasie, dass er, würde er jeden Penny verlieren, aus der Notwendigkeit heraus, Geld zu verdienen, endlich den Sinn des Lebens entdecken würde.”  

Finds einfach raus, Patrick! Hesh’s Kontonummer ist die 2976893765 bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden.

Heiko Hesh Schramm

Zur kompletten Sendung.

No Empathy Club

NO EMPATHY CLUB

All the old blue-blooded ladies
pointing their thin bony fingers at you

Ladder climbers
striving for fame and fortune
with elbows outstretched

The self-proclaimed songwriters
who’ll criticize anything just to find a line

The Wall Street slicks
dressed up to the nines
who mock the guy selling homeless newspapers

All the guys who hate their jobs
their wives
or both

Anyone with no job
who hasn’t tasted a woman in four years

And all the other trash
that doesn’t know any better

It’s a club, buddy
THE NO EMPATHY CLUB
Its men are all around you
and they’ll never let you run

All the vomit
the blood
the sperm
the chewing gum and shards of glass
that decorate the asphalt

No-one spares a second thought
for cleaning up these streets –
or keeping them clean

All of this plastic shit
tells the story
of what was
and what is

But don’t let this be the future
man

It’s a club, buddy
THE NO EMPATHY CLUB
Its men are all around you
and they’ll never let you run

HESH

DER NULL-EMPATHIE KLUB

All die alten blaublütigen Schachteln –
ihre knöchernen Finger zeigen auf dich
Aufsteiger und Karrieristen recken ihre Ellenbögen –
streben nach Reichtum, Ruhm und Macht
Selbsternannte Songschreiber kritisieren alles und jeden –
nur um überhaupt etwas zu schreiben
Die Wall Street Lackaffen
adrett bis zu blitzender Manschette –
verspotten den Mann mit seinen Obdachlosenzeitungen
All die Typen die ihre Jobs hassen –
oder ihre Frauen –
oder beides
Jemand ohne irgend etwas zu tun –
der schon seit Jahren keine Frau mehr geschmeckt hat
Und all der andere Abschaum –
der’s einfach nicht besser weiß

Es ist ein Klub, Kumpel
der Null-Empathie Klub
All diese Männer um dich herum
die dich am Haken haben
Es ist ein Klub, Kumpel
der Null-Empathie Klub
All diese Männer um dich herum
die dich niemals mehr vom Haken lassen

All die Kotze
das Blut
das Sperma
Kaugummi und Glasscherben –
sinnlose Spuren auf dem Asphalt
Keiner verschwendet einen Gedanken daran
diesen Straßen den Dreck abzuwaschen –
sie wieder sauber zu halten
All die Plastikscheiße
erzählt die ewige Geschichte –
von dem
was war
und wie es steht
Aber, lass das nicht die Zukunft sein, Mann!
Aber, lass das nicht unsere Zukunft sein, Mann!

Es ist ein Klub, Kumpel
der Null-Empathie Klub
All diese Männer um dich herum
die dich am Haken haben
Es ist ein Klub, Kumpel
der Null-Empathie Klub
All diese Männer um dich herum
die werden dich niemals mehr vom Haken lassen

HESH

Listen to No Empathy Club

Lonely Lee

LONELY LEE

Let go all your hopes
if you want to
just don’t get too desperate
Lonely Lee
take the F-train to Far Rockaway
and walk through the colored streets
in the Mexican quarter on Junction Boulevard

Forget all your hopes for a moment
if you want to
the dreams and the shadows
no need to lose faith
Lonely Lee
why don’t you take the train to Far Rockaway
and get a red candle for your place
man

Don’t cling to false hopes
those
that make you fall into despair
Lonely Lee
Take the F-train back downtown
why can’t you glimpse the beautiful girl next to you
watch –
she tries to hide even more than you do

You grumble
not that easy
I awake unknown hopes in you
all the good advice felt like lard in a grease trap
You say
that train has passed
OK
but one thing’s for sure
Lonely Lee
time alone won’t ease your pain

HESH

LONELY LEE

Gib die Hoffnung auf
wenns sein muss –
aber zieh dich nicht zu weit runter
Lonely Lee
Nimm den F-Train nach Far Rockaway
Lauf durch die bunten Strassen
im Mexikaner-Viertel am Junction Boulevard

Vergiss deine Hoffnungen für den Moment
wenn’s sein muss
Deine Träume und Illusionen –
Kein Grund den Gripp zu verlieren
Lonely Lee
Warum nimmst du nicht den F-Train nach Far Rockaway
Kauf dir ne rote Kerze mit der Lady of Guadalupe drauf..

Häng dich nicht an die falschen Hoffnungen,
die machen dich irre,
Lonely Lee
Nimm den F-Train zurück in die City
Warum ignorierst du die hübsche Lady neben dir?
Sie tuht, als würde Sie nicht deine Augen suchen
Und das sogar noch mehr als du..

Du knurrst –
Das wär alles nicht so einfach
Ich würde falsche Hoffnungen wecken
All die guten Ratschläge fühlten sich an wie Fleischreste in ‘nem Fettabscheider
Du sagst –
Der Zug wär abgefahren
OK
Aber eins ist sicher
Lonely Lee –
Die Zeit allein
wird deine Wunden nicht heilen

HESH

Listen to Lonely Lee

Studio B – HESH on Judith Herrmann

 

HESH rezensiert Aller Liebe Anfang von Judith Hermann.

 

Dieses Buch hat Sound. Diese gerade einmal 130 Seiten von Frau Hermann. Ganz anders als die Geschichten, in denen Hesh mal eben easy andockt. Reduziert bis auf die Knochen. Kein Steak, keine Lusttropfen. Nicht mal New York City, oder wenigstens Helsinki …

Alles kein Problem, wenn wie hier zu erleben, die Sprache zu Farbe wird. Rostrot, Moosgrün …, Aubergine? Hesh ist bezaubert, aber er hat keinen Schimmer wovon eigentlich, denn er ist farbenblind. Sein Boss kann das aus leidvoller Erfahrung heraus bestätigen …
Textilbranche.
Verkauf.

Schluss damit, hier geht’s um den ersten Roman von Judith Hermann, einer in Deutschland für ihre erfolgreichen Kurzgeschichtenbände von der Literaturkritik hochgelobten, sowie auch genüsslich in der Luft zerfetzten Schriftstellerin.
Beide Extreme gereichen zur Ehre, ignoriert zu werden ist die wahre Hölle.
Frau Hermann hatte mich nach drei Seiten am Haken. Klarheit und Effizienz. Manche haben das einfach, andere müssen darum ringen, wenn sie es so haben wollen. Wie auch immer – das Ergebnis zählt. Und das fühlt sich hier nach harter Arbeit an. Überwacht wird da, ausgesiebt, und wieder und wieder: Weggelassen. Leichtigkeit muss niemand suchen, auf der Habenseite winkt eine Komplexität, welche ohne Verschwurbelung oder selbstverliebter Bilder auskommt. Was übrig bleibt – ist der Beitrag von Judith Hermann, in Zusammenarbeit mit ihrer Protagonistin und zentralen Figur des Romans Stella, zum Thema: Was soll das alles hier?

Dieses Leben.
Mein Leben …, was sich irgendwie nicht wie das richtige anfühlt. Wie komm ich da raus, und/oder, in ein anderes Leben? Aber welches? Und wie soll das gehen? Unhappy sein. Unerfüllt. Und das, auch noch scheinbar ohne jeden Grund, was ein noch mieseres Gefühl zur Folge hat.

Also, muss ein Grund her. Der Grund – heißt Mr. Pfister. Mit dessen Performance wird das Buch eigentlich beworben. Ein psychisch labiler, sehr einsamer Mann, welcher Stella über Wochen belagert. Es wird der Versuch einer Kontaktaufnahme unternommen, was Stella entschieden ablehnt. Danach klingelt der Typ jeden Tag an ihrer Tür, verfluchter Weise immer dann, wenn sie allein zu Hause ist, und bombardiert ihren Briefkasten mit wirren Nachrichten aller Art, wie z.B. Briefen, Kassetten, Videos usw. Gegen Ende dreht der Mann mehr und mehr durch und schreckt nun auch vor Vandalismus und Gewalt nicht zurück. Das Buch erzählt die Geschichte dieser Zuspitzung.

Tut es das? Ein Roman zum Thema Stalking? Ja, unter anderem. Oberflächlich betrachtet, erscheint die ganze Resthandlung wie bloßes Füllwerk: Stella hat ihren Mann im Flugzeug kennengelernt. Einige Seiten weiter gibt es ein Leben in einer Siedlung, in einem Haus. Stella’s Mann Jason ist beruflich viel – oder besser fast immer – unterwegs, daher wird das Leben in diesem Haus hauptsächlich von Stella und ihrer Tochter Ava gelebt, und, zumindest was Stella betrifft, eher irgendwie ausgehalten.
Stella arbeitet in einer Art Altenpflege, wo Sie an manchen Tagen pro Schicht immer nur eine Person bzw. ein altes Ehepaar versorgt. Und diese alten Menschen, die halten Stella gegenüber nicht gerade hinter’m Berg, aber dazu später.
Achso, manchmal ist Jason kurz zu Hause.

Was noch? Genau: Über allem schwebt der Stalker Mr. Pfister, der in einem verfallenen Haus in der selben Siedlung wohnt.

Muss Frau Hermann nicht eigentlich froh sein, dass ihr der Herr Pfister eingefallen, oder vielleicht einer ihrer Bekannten oder Freundinnen irgendwann einmal zugestoßen ist? Weil sonst alles zu dröge wäre? Nein. Stalking ist für Betroffene, und das sind in den meisten Fällen Frauen, der helle Wahnsinn.
Das Buch vermittelt Stella’s Hilflosigkeit in dieser gräßlichen Situation sehr deutlich. Wie Säure in den Eingeweiden.

Wie komme ich dazu zu denken, dass es konsequenter gewesen wäre, diesem Stalker ein eigenes Buch zu widmen, eine in sich abgeschlossene Geschichte vielleicht, und hier besser Stella’s Geschichte etwas ausführlicher zu erzählen? Mit “ausführlich” ist mitnichten die Anzahl von Adjektiven gemeint, dieser knappe, oft auf jegliche Satzzeichen verzichtende Stil kommt manchmal zwar vielleicht etwas kontrolliert daher, aber, und das an dieser Stelle nicht gönnerhaft, sondern aufrichtig bewundernd gemeint – es liest sich grandios.

Mich hat jedenfalls weniger die offensichtliche Tragödie im Magen erwischt, als vielmehr zentral dieses Lebens-un-gefühl, auf welchem Stella das ganze Buch hindurch herumkaut. Ohne sich das ausgesucht zu haben, oder sich etwas darauf einzubilden. Wie sportlich Sie es auch immer nimmt, die inneren Fragen sind mit sich allein, Antworten gibt es keine, wie auch, der Blickwinkel bleibt sich die meiste Zeit über so gottverdammt treu.

Mit der Figur der Stella macht Judith Hermann der von der Externalisierungsgesellschaft geprägten Literatur des Nordwestens nichts weniger als ein exemplarisches Geschenk. 2014. Es ist Zeit für Geschichten wie diese, im Dunkel privater Existenzen mäandern sie schließlich schon seit Ewigkeiten.

Einige der Frauen, die ich in meinem Leben liebte, oder besser, an deren Seite ich mich abstrampelte Sie zu lieben, das waren Stellas.

Es wird die Geschichte einer Frau stellvertretend für viele andere erzählt, nicht im Duktus eines: Beziehungs-, Koch-, Kindererziehungs- und/oder Karriere- respektive Belastbarkeitsratgebers, auch nicht mit Erlebnisberichten von der Mutter-Kind-Kur auf Rügen für die beste Freundin am Smartphone, mit der Frau mal Soziologie studiert hat, so in der Art von:
“Oh, mein Gott, Greta, das ist ja großartig, er ist Arzt?”
‘Was der wohl so im Monat …’ “Äh, Wow! Und, er nimmt auch deine Kleene an, und was? Er will mit dir nach Barcelona ziehen? Der Wahnsinn!!!”

Nein, hier kommt etwas anderes ‘rum, und da stecke ick mir allen Zynismus sonst wohin: Einige Frauen werden sich nach dem Lesen dieses Buches vielleicht etwas weniger allein, weniger kaputt, und zumindest vor sich selbst etwas mehr verstandener fühlen.

Aller Liebe Anfang, you know?

Sich kurz entspannen, neue Kraft tanken zu können, zum Verkraften der harten Tatsache, dass das Leben bis zum Ende ein beschwerlicher Batzen aus Problemen bleiben wird – außer du kraxelst rotzfrech oben ‘rauf, sagst -”Fuck you, Batzen!” -, geniesst für’n kurzen Moment die Aussicht und lässt dich vielleicht mal kurz fallen, aber Vorsicht, nicht einfach nur herab, ins nächste Tal.

Wer schafft das denn?
Du?
Nö.

Anyway, das Buch platzt vor sanft und behutsam erzählten, aber dafür umso stärkeren Bildern:

Jason sagt nichts, und Stella schweigt ein wenig und sagt dann, ich möchte vielleicht gerne im Center an der Kasse sitzen. Ich möchte Kaffee und Croissants verkaufen in diesem kleinen Stand da in der Mitte der Halle. Ich möchte eine Saison lang Erdbeeren pflücken. Eine Ausbildung zur Floristin machen. In der Buchhandlung aushelfen. Im Büro rumsitzen, so wie Paloma. Ich möchte vielleicht Paloma sein?
Stella fällt ein, das es riskant sein könnte, mit Jason über Ideen von einem anderen Leben zu sprechen, einem anderen Beruf. Was soll er dazu sagen? Aber er lacht jetzt, leise, und sagt,
dann mach es doch einfach.
Nicht Paloma sein, aber alles andere – warum machst du’s nicht einfach.
Weil es nicht einfach ist, sagt Stella.
Für mich jedenfalls ist es nicht einfach. Nichts kommt mir einfach vor auf dieser Welt,
außer vielleicht, für Ava das Abendbrot zuzubereiten oder die Betten neu zu beziehen oder das Geschirr ordentlich abzuwaschen.
Jason nickt.”

Oder, da gibt es diese alte Dame, welche von Stella gepflegt wird, eine nach wie vor kampfeslustige mondäne Zwicke namens Esther, und was die vom Stapel lässt, ist nun wirklich unerlässlich für die Gewährleistung einer ausreichenden Sauerstoffzufuhr während der Lektüre des Buches:

Esther: Das ist hier eine tote Ecke. Eine tote Ecke der Welt.
Ich weiß gar nicht mehr was mich hierher verschlagen hat, wie in Hergottsnamen ich mal hierhergekommen bin.

Etwas weiter heisst es:

Stella gießt die beiden Gläser voll. Randvoll, sagt Esther, zögern Sie nicht. Zögern Sie nie! Das ganze Leben ist ein Abgrund, und je weniger Sie sich fürchten, je länger Sie hineinschauen, desto mehr haben Sie davon.

Schließlich das ältere Ehepaar, ebenfalls von Stella gepflegt – Julia und Dermot. Und Dermot, hat auch noch so einiges zu sagen …

Man muss, glaube ich, immer ein Arrangement versuchen, sagt Dermot. Er sagt es, als hätte er schon eine Weile darüber nachgedacht. Zwischen Anteilnahme und Gleichgültigkeit eine Mitte finden. Die Gleichgültigkeit ist sehr wichtig. Ich meine nicht Kälte, ich meine eher Gelassenheit. Vielleicht sollten Sie sich das nicht zu Herzen nehmen? All das geht auch vorüber, so viel kann ich ihnen sagen.

All diese wundervollen Figuren im Buch: Esther und Dermot, bisweilen auch Ava und Jason, und erst recht die beste Freundin Clara …, die machen manchmal Lust auf mehr, ich sag mal, auf – mehr Unvorhersehbares …

Was solls, Frau Hermann merzt in diesem Buch nun einmal alles weg, was nicht absolut zwingend sein muss.
Gut.
Muss ich durch, is nich’ meine Party.
Aber, nur mal so zur Erfrischung, hier ein klitzekleiner Sch(t)uss vor den Bug von Frau Hermann.
Charles Willford hätte ihr zu gebrummt -”Du bist verdammt gut, du mandeläugige Germanin, aber wenn du willst das deine Figuren dich, UND AUCH DIE LESER-INNEN (YARH!!!) hin und wieder überraschen, dann lass Sie doch mal’n Stückchen mehr vom Haken …!”
HMPF.

Spaß beiseite – Stella wird gestalkt.
Das verstört ihre ohnehin zarte Seele, sie fühlt sich, und das zu Recht, übel bedroht.

(Das liest sich zynisch? Isses nich’, bitte check mal deine SMS Missverständnisse mit diversen Sexualpartner-innen aus dem letzten Halbjahr …)

Stella’s innere Panik jedoch, die war schon vorher da. Nun ist sie gar nicht mehr auszuhalten. Im Buch wird es ausführlich beschrieben – eine gewisse Unordnung, das kleine Chaos all der Dinge für die manchmal kein Mensch mehr den Nerv hat, die nun jetzt auch noch aufzuräumen, all die Spuren des Lebens von Stella und Ava, die Anwesenheit der beiden im Haus. Sowie auch – die oft als schmerzlich empfundene Abwesenheit von Jason.

Worauf hingegen fast komplett verzichtet wurde, das sind Personenbeschreibungen. Hey, du bist frei, darfst dir was vorstellen, und aus all den genauestens beschriebenen Bildern, wie es z.B. um die Atmosphäre in diesem Haus so bestellt ist, so einiges über Stella’s inneren Zustand herauslesen.
Aber das, das geht leider nicht, weil, hmm, das steht immer schon da. Denn das Innere wird permanent und tatsächlich erschöpfend von dem Gespann Stella alias Judith hardcore-reflektiert, und lichtgeschwindigkeitsmäßig abgedruckt. Dafür ist dann doch erstaunlich viel Platz in dem kleinen Buch.

Ich meine mit diesem Gestichel, dass das manchmal nervt! Oder vornehm weiblich: Es ist anstrengend.

Na und?
Es geht ja wohl auch zu Herzen, oder nicht?
Touché.
Stella hat 24 Stunden am Tag das zweite, das innere Rechenprogramm laufen, bei allem was sie sonst noch reißt. Es rattert dermaßen in ihrer Rübe, das sie wohl selbst im tiefsten Winter keine dieser so schillernd roten Baskenmützen nötig hätte. Mit vielen ihrer Gedanken wird sie trotzdem ganz und gar nicht warm.

Wer das Buch liest, der weiß Bescheid. Stella’s Umgebung tappt hingegen oft im Dunkeln. In der Kunst mag es so sein, dass ein nicht ausgesprochener Satz quasi nie existiert hat, in der Kunst das Leben zu meistern, kommst du an den eigenen Empfindungen nicht vorbei, ohne nicht auch dich selbst und damit deine Umgebung zu beeinflussen. Völlige Passivität im verbalen Austausch führt nicht wirklich zu Veränderungen, eine Weisheit, die sich meist die Herren der Schöpfung anhören dürfen. Was solls, manchmal liebt sich ein Paar, obwohl beide nicht viel reden. Probleme gibt es trotzdem.

Also öffnet sich Stella im Verlauf der Geschichte. Am Anfang des Buches spricht Sie nur mit ihrer Freundin Clara so vertraut, wie man es sich manchmal auch im Umgang mit ihrem Mann wünscht. Sie befürchtet, bei ihm kämen allzu klare Innenansichten vielleicht nicht an, oder schlimmer noch, er könnte denken, sie hätte einen Treffer. Was ja auch stimmt, aber wer hat den heute nicht?

Überhaupt. Paare. Sollten die einander nicht gut kennen?
Ich-Du-Er-Sie-Es- hat darauf ein Recht, sprach der Specht. Oder doch nicht so einfach? Wen du liebst, den machst du nicht einfach zum seelischen Mülleimer?

Guter Gedanke…

… und Stella’s unglaubliche Stärke. Wie destruktiv sie mit sich selbst auch ins Gericht geht, sie widersteht dem Impuls, unreflektierte Gedanken gegenüber ihrer Umwelt einfach herauszuschleudern. Insofern ist sie wohl eher Stella Stellar (Baureihe 2.0), während ich mich zeitlebens mit dem Vorgängermodell herumstritt …

Egal, ich war beim reflektieren, besser dabei, Stella zu reflektieren… Quatsch, das schafft kein Mann. Beschreiben, das geht.

Stella macht nicht allein vor eventuell problematischen Themen halt, auch sehr schöne Empfindungen behält Sie im Zweifel für sich. So sagt sie ihrem Mann nicht, welche Gesten sie an ihm liebt, aus Furcht, er könne sich ihrer dann allzu bewusst werden, und darüber seine Natürlichkeit verlieren …

Auch: Wie seziert in Stella’s Kopf manchmal die Handlungen, Gedanken und Kommentare ihrer Tochter widerhallen, ist an verstörendem Realitätsinn nicht zu überbieten. Bei aller Liebe Ava gegenüber, ist da oft eine verstörende Distanz.

Mutter sein.

Das wirst du, wenn du einen Mann hast, es ein Heim gibt, du dich nicht prinzipiell gegen Kinder entschieden hast, und, ganz wichtig, wenn der Typ manchmal übers Wochenende auch zu Hause ist. Zumindest einmal…

Und dann, nach der Kindbett-Depri-Woche, was kommt dann?
Frau, also Mensch, bist du zwar von Geburt an, mit der Suche nach deinem Platz im Leben manchmal jedoch noch lange nicht durch …
Aber wen interessiert das noch, wenn das Baby im Nebenzimmer anfängt zu schreien, und nur du im Haus bist?

Es tut weh zu lesen, wie Stella bisweilen abschmiert innerlich, an der unverwundeten Härte der Tochter, ihrer Klarheit, frei von der Leber weg, eins zu eins auf ihre Umgebung zu reagieren. Das hat die Mutter einfach nicht, nie gehabt. Also ist sie auch in Gegenwart des Kindes, oft und wieder einmal, mit sich allein, fühlt sich bisweilen fast verraten, auch wenn sie weiß, dass das Blödsinn ist. Grip hat Stella oft nur in den gemeinsamen Ritualen, dem Bereiten des Abendessens, oder anderen Handgriffen im Haushalt – auf die Bewegung kommt es an, weg vom Tosen im Gehirn, hin zum Gebrauch der eigenen Hand beim Öffnen einer Waschmaschine …

Klar, jeder Idiot weiß, dass Geschirrabwaschen gesund für die Psyche ist. Oder war das Abtrocknen, und in einer Welt voller Geschirrtrockner …?

Jetzt zitiere ich schon munter die Zitate, also langsam Ende hier – das Ende des Buches wird hier wie immer nicht verraten, nur soviel noch:

Wie eingangs erwähnt, in dem Buch sind keinerlei Sujets zu finden, auf die ich gemeinhin abfahre, überhaupt, von all dem worauf ich so stehe im Leben, und vor allem in der Nacht, ist hier zero, null, nix, nada die Rede.

Alles was ich hingegen “schwierig” (auch dieses Wörtchen eine Leihgabe moderner weiblicher Textbeiträge) also, was für mich eine geistige Herausforderung darstellt – das gibt’s hier Sonne satt. Oder besser, grau ohne Ende.

Mich manchmal schwer getan.
Im Vorfeld gierig Ressentiments über Frau Hermann gelesen, drauf und dran gewesen, diese nachzuplappern. Mir irgendwann verstohlen die Dickies hochgezogen, und zur Abwechslung mal ein paar der eigenen Grenzen plattgewalzt.
Während des Lesens waren die zu eng geworden.
Aller Liebe Anfang von Judith Hermann – ist eine Offenbarung.
Ein Meisterwerk? Keine Ahnung.
Ein wichtiges Buch.
Für die Frauen.
Und all jene Männer, die heute Frauen lieben.

Heiko “Hesh” Schramm

Zur kompletten Sendung.

Put Your Shoes On

PUT YOUR SHOES ON

Put your shoes on
stranger boy
being out here on the highway with naked feet
is not a good idea
it’s a tell-tale sign
and it’ll get you arrested

You say you come from Mexico
I could have guessed
and anyway
there’s already one guy
with a broken heart
wandering ‘round
outside of Austin Texas

Put your shoes on
though it won’t change the dirt on your clothes
and the stillness of your spirit
I think to myself how
GREAT
this place is
for our hopes and salvation
though they are different we have this grey strip
of concrete in common
two miles from the nearest Seven-Eleven

Put your shoes on
startled animal kid
you stare vacantly at my sharkskin suit
and I realize
that you have a reason to be here

I wouldn’t survive your poverty for a day
and you wouldn’t want my sick brain

Put your shoes on
my proud little friend
that you will never be
come with me into the city
put these five bucks in your pocket for a phone-call
to the number
on that forlorn piece of paper and some food

I hope the people
you are trying to get to exist
your Lady of Guadalupe
will protect you

Back on my own
I begin to feel ashamed
of my heroism
and it’s a welcome break
from my daydreams of Rose.

HESH

ZIEH’ DEINE TURNSCHUHE LIEBER WIEDER AN …

Zieh deine Turnschuhe wieder an
fremder Junge
Mit nackten Füßen hier draussen an der Stadtautobahn
Ist keine gute Idee
Sieht verdächtig aus
Der nächste Bulle, der vorbei fährt hält an und steckt dich in ‘ne Zelle

Du sagst du kommst aus Mexico
hätte ich auch erraten
Schon klar
dass du nicht der Zweite bist
der mit gebrochenem Herzen
hier herum irrt
irgendwo ausserhalb von Austin, Texas

Zieh deine alten Turnschuhe lieber wieder an
auch wenn es keinen Unterschied macht bei deinen Dreck-Klamotten
und der Stille deines Wesens
Ich denk mir
Welch passender Ort
für Hoffnung und Erlösung
Wie verschieden wir auch sind, der grauen Streifen
aus Beton ist unser Leitstrahl hier
2 Meilen entfernt vom nächsten Seven-Eleven

Zieh deine Bodden wieder an, Mann!
Wie ein verschrecktes Tier
starrst du verstohlen auf meinen Anzug aus Sharkskin
Mir wird klar
du bist derjenige von uns
welcher einen Grund hat hier zu sein

Ich würde keinen Tag überleben mit deiner Armut
Du du wölltest mein krankes Hirn nicht haben

Zieh deine Schuhe an
stolzer kleiner Freund
der du niemals sein wirst
Komm mit mir zurück in die Stadt
steck dir die fünf Dollar in die Tasche für’n Telefonanruf
an die Nummer auf dem zerknüllten Zettel
und für was zu fressen

Ich hoffe diese Leute
die du treffen willst existieren überhaupt
Deine Lady of Guadalupe
wird dich beschützen

Zurück alleine
fange ich an mich zu schämen
für meine heroische Hilfe
und doch ist es eine willkommene Unterbrechung
in meinen Tagträumen von Rose

HESH

Listen to Put Your Shoes On

The Blue Note Song

The Blue Note Song

When the old shades scream too loud
I go out at night like many men before
Afraid to miss the miracle I roam
To a bar where there’s no thorough plan

Mr G. in his white Hanes tee
Free hugs and five bucks admission fee
Wishing for love, but just getting in a fight
Whatever, maybe another night

They’re telling you times are changing
Well the longing remains, but the magic’s strayed
At Mr G.’s you feel like Jet-Set Jane
Even if you’ve got no cash for the plane

Mr G. in his white Hanes tee
Free hugs and five bucks admission fee
Wishing for love, but just getting in a fight
Whatever, who needs Vegas lights…

Patient Mr G. pours Jim Beam on factory-faded skinny jeans
Removing fingers from cellphones
While a woman in a leopard dress dances in dim red light’s caress
Mr. G spins some records…

When the hour draws near for all the students to disappear
And get some sleep for their career
While a woman in a leopard dress dances in dim red light’s caress
And the ashtrays are a mess…

Mr G. in his white Hanes tee
Free hugs and five bucks admission fee
Wishing for love, but just getting in a fight
Whatever, maybe tomorrow night

This song is dedicated to M. Glaser

Blue Note Song

(für M. Glaser)

Im Hotel, früh um halb vier –
die Schlagschatten langen zu, also raus hier.
Egal wohin und warum –
ein letztes Bier, bringt keinen um.
Auf, auf in die Nachtstadt –
wo das Licht für alle offen hat.

Ausgerechnet heute,
das Wunder verpassen?
Als wäre ich jung –
treiben durch die Nachtstraßen.
Hin zu dem Laden, der Bar an der Ecke –
schon von weitem, grüßt wildes Halsgerecke!

Mister G im weißen Unterhemd –
am Eingang nimmt er ‘n Fünfer, für ‘ne klasse Band!
Sehnt sich nach Liebe, landet in wilden Schlägereien –
Egal: In ‘ner ander’n Nacht, wird’s längst vergessen sein.

Sie sagen, die Zeiten ändern sich –
allein die Sehnsucht, lässt dich nie im Stich.
Blaue Noten, für blaue Stunden –
kleine Wunder, drehen selten ihre Runden.
In Mister G’s Bar, kannst du für die Nacht verreisen –
selbst wenn die Kohle nich’ mal reicht, bis raus zu den Gleisen.

Mister G im weißen Unterhemd –
er nimmt nur’n Fünfer, für ‘ne klasse Band!
Sehnt sich nach Liebe, landet in ‘ner Schlägerei –
Das Neonlicht von Vegas, geht uns doch am Arsch vorbei!

Mister G kippt Jim Beam auf löchrige Skinny Jeans – O weh, O weh –
erschrockene Fingerchen, zuckend über’m Smartphone-Display.
Eine tanzende Leopardenfrau, ihre blonden Haare wehen –
Mister G, lässt seine Platten schneller drehen.

Irgendwann, wenn deine Augen die meinen finden –
die Studenten in ihren WG’s verschwinden.
Sich auszuschlafen, für ihre Karrieren –
will ihnen weiß Gott keiner verwehren.
Tanz mich, du Frau im Leoparden Kleid, umarmt vom roten Licht –
nehm’ dich gleich hier auf der Theke, die vollen Aschenbecher, die stör’n uns nicht.

Mister G im weißen Unterhemd –
Hey, zahl’ nen Fünfer, für ‘ne klasse Band!
Sehnst dich nach Liebe, fliegst hochkant raus –
Was soll’s, schon morgen Nacht, geht’s anders aus …

Listen to The Blue Note Song